express 11/2020 erschienen!

express 11/2020 erschienen!

Druckausgabe express 11/2020

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Peter Birke: »Eine halbe halbierte Reform in der Fleischindustrie?« – Der aktuelle Stand eines möglichen Werkvertrags-Verbots in der Branche     1

Stefan Sell: »Ein ›respektabler, maßgeschneiderter‹ Abschluss?« – Der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst   6

VKG: »Mageres Ergebnis« – Stellungnahme der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften zum Tarifabschluss     7

Peter Schadt: »#EngelsArgumente« – Richtige und falsche Gründe, einen Revolutionär zu ehren    8

Bernd Riexinger: »Ein linker Green New Deal« – Für eine verbindende und sozial-ökologische Klassenpolitik             10

Betriebsspiegel

AG UKGM: »Kapitale Aussichten« – Eine Uniklinik, eine Pandemie und der Kapitalismus            4

»Im Klinikum leben wir schon lange in Notzeiten« – Interview mit Betriebsrätin Regina Dickey           5

René Kluge: »Betriebsräte für den Klimaschutz« – Bewegung mit Recht, Folge 7           9

Peter Kern: »Freier Autor – krasser Job« – Wie frei ist der Freelancer?    14

Internationales

Slave Cubela: »Das Elend der USA« – Erste Gedanken zur Präsidentschaftswahl 2020    12

Ellen David Friedman: »Die Angst überwinden« – Wie wir handlungsfähig werden       13

Rezensionen

»Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz Pflege« – Wie erleben Beschäftigte die Corona-Krise?            3

»Holzwürmer im Marktgebälk« – Klaus Dallmers Gesprächsband aus dem Gesundheitswesen             5

Kalle Kunkel: »Miethaie zu Papiertigern« – Der zehnte Dengler-Krimi vermischt gekonnt Fiktion und Realität   16

In eigener Sache

»Wie geht es weiter mit dem express?«        2

Marcus Schwarzbach: »Kann es eine Zeitung geben für etwas, das es nicht gibt?« – Zuschrift zu unserer Untertitel-Debatte        3

Bildnachweise

Wir haben diese express-Ausgabe mit Bildern aus dem Band »Gegen mein Gewissen« bebildert, der jüngst im avant-Verlag erschienen ist. Die Illustratorin Hannah Brinkmann geht darin der Lebensgeschichte ihres Onkels Hermann Brinkmann nach, der 1973 als überzeugter Pazifist in die Bundeswehr eingezogen wurde und sich nach mehreren abgelehnten Verweigerungsversuchen während der Grundausbildung das Leben nahm – ein Fall, der hohe Wellen schlug, nachdem die Familie ihn in einer überregionalen Todesanzeige öffentlich machte. Hannah Brinkmann ruft nicht nur den Autoritarismus westdeutscher Politik in Erinnerung, auch die Beklemmungen des Familienlebens bringt sie aufs Blatt, und damit die Gründe für eine Jugendrevolte, zu der auch Hermann Brinkmann sich hingezogen fühlte. Wir danken ihr und dem Verlag recht herzlich für die freundliche Überlassung der Abbildungen!

Hannah Brinkmann: »Gegen mein Gewissen«.
Berlin: avant-Verlag, November 2020, 232 Seiten, ISBN 978-3-96445-040-1, 30 Euro

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

Gips doch gar nicht: da kommt man die ganze Zeit ziemlich unbeschadet durch dieses Scheißjahr und dann legt sich kurz vor dem Ende desselbigen eine langgediente Redakteurin auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad hin – eine etwas andere Interpretation des Höhenflugs der Schildkröte, an dem wir gerade arbeiten. Zum Glück ist der momentane Lockdown nur so ein halbgarer, soll heißen: Immerhin sind die Kindergärten auf, dafür aber die Betriebsstätten von LebensgefährtInnen geschlossen – ideale Bedingungen also ansonsten für die Zeitungsproduktion.

Dennoch: Wir machen uns Gedanken um die Gesundheit. Das sieht man dieser Ausgabe mal wieder ein wenig deutlicher an: In einer zweiten studentischen Reportage geht es um die Situation am Uniklinikum Gießen-Marburg (S. 4), ergänzt um ein Interview mit der dortigen Betriebsrätin Regina Dickey (S. 5). Den TVÖD-Abschluss hat sich vor allem unter dem Aspekt der Pflege- und Krankenhausbeschäftigten Stefan Sell vorgeknöpft (S. 6) und um das Thema abzurunden, haben wir uns zwei Neuerscheinungen zur Pflegebranche angeschaut.

Einen nicht weniger aktuellen Schwerpunkt dieser Ausgabe stellt erneut die Verbindung zwischen Gewerkschaftsarbeit und ökologischen Fragen dar. René Kluge geht diese Frage von betriebsrätlicher Seite an (S. 9). Auch Bernd Riexinger widmet sich dem Thema ausführlich in seinem (noch) neuen Buch System Change. Für uns hat er exklusiv seine Hauptthesen zum linken Green New Deal zusammengefasst (S. 10).

Apropos exklusiv: Exklusiv ist auch der etwas aus dem Rahmen fallende Text von Peter Kern (S. 14). Und wenn dort, eine prekäre berufliche Zukunft des fiktiven (!) Sohnes betreffend, der fiktive (!) Vater gefragt wird: »Wieso rätst du mir eigentlich von etwas ab, das du selbst machst, Texte anbieten?«, dann sei der Hinweis gestattet, dass der echte Vater uns Texte wie diesen unentgeltlich zu Verfügung stellt.

Genau: Prekarität, Gesundheit und soweiter: So ist das, wenn man »was mit Medien« macht. Ihr ahnt, geneigte Leserinnen und Leser, worauf das hinausläuft: Ökonomisch gesehen ist der express nicht gesund. Und eine Folge ist auch zunehmende Prekarität für jene, die diese Zeitung machen. Ab Januar 2021 hat der express nur noch einen (dazu schlechter) bezahlten Redakteur, der Rest der bis dato bezahlten Redaktion wird ehrenamtlich arbeiten, unterstützt durch weitere ehrenamtliche Freiwillige (denn sie wissen nicht, was sie tun!). Insofern gewinnt das Projekt express natürlich dazu. Wir wollen euch, geneigte Leserinnen und Leser, an dieser Stelle gar nicht noch mal etwas abverlangen (denn das tun wir in dieser Zeitung schon in der redaktionellen Mitteilung auf S. 2 und in dem beiliegenden Spendenaufruf), denn: wir müssen uns auch mal bei euch bedanken. Die Zahl unserer AbonnentInnen steigt beständig (»Muss aber noch mehr!« ruft es aus der Buchhaltung) und auch der bisherige Spendeneingang zeugt davon, wie wichtig euch diese Zeitung ist (»Muss aber…!« – »Jaja.«).

In diesem Sinne: Danke. Bleibt gesund, bleibt sozialistisch, möglichst unprekär und genießt die Lektüre des neuen express.

express 04-05/2020 erschienen!

express 04-05/2020 erschienen!

Druckausgabe express 04-05/2020

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Solidarisch gegen Corona / Fever: »Corona-Partys des Kapitals« – Die Zustände in der Fleischindustrie S. 1

René Kluge: »Bewegung mit Recht« – Gesundheitsschutz in der Corona-Pandemie S. 4

Roman Waldheim: »Die Krise macht’s möglich…« – … und fast niemand sagt was zur Aussetzung
des Arbeitszeitgesetzes S. 5

Hermann Bueren: »Das Agile Unternehmen – Arbeiten in Echtzeit« – Kritik des Leitbilds aus der Perspektive der Beschäftigten S. 6

Nikolai Huke: »Das ›Geiz ist geil-Vergabesystem‹« – Die Problematik privatisierter Sprachkurse und Maßnahmen für Flüchtlinge S. 13

Toni Richter: »Autos kaufen, Autos kaufen, Autos kaufen…« – Über die PR-strategischen Verrenkungen der IG Metall S. 15

Karin Zennig: »Erinnern heißt verändern« – Hanau nach dem Anschlag vom 19. Februar S. 18

»Prekär, migrantisch, solidarisch« – Gespräch mit den Critical Workers Berlin S. 19

Betriebsspiegel

Ülkü Süngün: »Asparagus officinalis coronae« – Eine Künstlerlandverschickung S. 8

»Strawberry Fields forever« – ErntehelferInnen in Bornheim (Bonn) im spontanen Ausstand S. 11

Internationales

Heiko Bolldorf: »Corona und Brot in Kroatien« – Angriffe auf die Situation der Beschäftigten
und die Antworten der Gewerkschaften S. 16

Rezensionen

Slave Cubela: »Migrantische Leidensgenossen« – Viele offene Fragen nach der Lektüre eines enttäuschenden Buches S. 12

Peter Nowak: »Wider den linken Geschichtspessimismus« – die ›Dynamik der Revolte‹ S. 20

Kurzgefasst

Subversion & Schabernack S. 2

Editorial S. 3

Antipasti S. 3

Sozialismus oder was? Zuschriften zur Untertitelfrage S. 17

Bildnachweise

Die Einzelporträts von Saisonarbeitskräften bei der Spargelernte wurden von Ülkü Süngün aufgenommen. Die Entstehung der Bilder wird in ihrem Text auf den Seiten 8 ff. geschildert. Ülkü Süngür bedankt sich für die Kooperation bei Giani Dano, Alexandru Balogh, Alex Balogh, Ioan Dano, Istvan Boros und ihre KollegInnen sowie Klaus und Philipp Bauerle.

Die anderen Aufnahmen sind nicht aus diesem Jahr, aber thematisch ähnlich gelagert; fotografiert wurden sie von Fritz Hofmann. Die Karikatur auf der Rückseite verdanken wir der Zuschrift unserer Leserin Simone Lehnert. Allen dreien danken wir herzlich für die Überlassung der Bilder. Die Bildrechte verbleiben bei den UrheberInnen.

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

wer hätte gedacht, dass die Corona-Pandemie dermaßen viel Bewegung mit sich bringt.

Fangen wir an mit zwei Themen, die es bewegt und erntefrisch in unsere gute alte Bleibildwüste geschafft haben: Die Pandemie ›beschert‹ uns einen seltenen Fall von Arbeitskämpfen unter Saisonarbeitskräften, nämlich auf dem Spargelgut Ritter in Bornheim bei Bonn (siehe S. 11) und – endlich! – die Einsicht auch in der Politik, dass Werkverträge offenbar nicht das Wahre sind. Seit Jahrzehnten kritisieren wir dieses fleischgewordene Institut moderner Arbeitsmarktpolitik und kapitaler Abwälzung von Profitabilitätsrisiken auf die Beschäftigten. Doch für einen radikalen Perspektivenwechsel brauchte es in der Tat erst Corona, genauer: besorgte Bürgermeister und Kommunen, denen ein neuerlicher Lockdown durch die steigenden Infektionszahlen in den zu ihrem Einzugsgebiet zählenden Massenunterkünften drohte (s. S. 1). In der Fleischindustrie hat das Werkvertragsunwesen bislang besonders widerwärtige Blüten getrieben (schön nachgezeichnet in Wolfgang Schorlaus Krimi »Der zwölfte Tag«), nun findet es hier vielleicht auch mal sein verdientes Ende. Man wird ja wohl noch mal träumen dürfen: Was der Fleischindustrie unrecht ist, kann doch für die Regaleinräumer und Autositzpolsterinnen nur billig sein.

Man mag die Begriffe »Lupe« oder »Brennglas« schon gar nicht mehr in den Mund nehmen, aber ob nun die Gemüseernte, das »Schweinesystem« Fleischindustrie oder auch Pflege und Einzelhandel: Es werden alte Probleme offensichtlicher – die Überausbeutung migrantischer Arbeitskraft, die Verwundbarkeit der Beschäftigten in den völlig wahnwitzigen Lieferketten…

Dabei ist der Spargel geeignet, die Spaltung von Redaktionen herbeizuführen. Während die einen zum Falle Bornheim fragen: »Was wird aus dem schönen Spargel?« (obgleich dort aktuell eher Erdbeeren gepflückt wurden…), halten andere das für »fahle, holzige, geschmacksneutrale Wurzeln« (das einzige Mal, dass wir die Jungle World zitieren, versprochen!), von denen das Pippi komisch riecht.

Man mag sich jedoch auch des Eindrucks nicht erwehren, dass das Gerücht, man habe durch die Pandemie mehr Zeit, teilweise stimmt – innerhalb der Online-Sitz-Redaktion lässt sich das mit Sicherheit nicht bestätigen. Doch uns erreichen nicht nur außergewöhnlich viele, sondern auch außergewöhnlich lange Beiträge. Wir sind gewappnet: Erstens haben wir, mit befreundeten Organisationen und Medien, den Blog corona-at-work.de eröffnet und wollen Euch ermuntern, dazu beizutragen. Zweitens werden wir, schon ab dieser Ausgabe, das eine oder andere online dokumentieren – den Anfang macht die Vollversion des Beitrags von Hermann Büren zu agiler Arbeit (S. 6). Um diesbezüglich auf dem Laufenden zu bleiben, empfehlen wir euch noch einmal nachdrücklich die Anmeldung zu unserem Newsletter auf https://express-afp.info.

Bleibt nur zu hoffen, dass Ihr, geneigte Leserinnen und Leser, neben all der gar nicht geringer gewordenen Arbeitskraftvernutzung und im Zuge der regen Betriebsamkeit aktivistischer Netzwerke (über die die Redaktion ebenso uneins ist wie über die Liebe zum Spargel: Haben die KollegInnen von der analyse und kritik Recht damit, dass es vor allem darum geht, das eigene Ohnmachtsgefühl zu kaschieren, oder ist es ein veritables Bewegungshoch?) auch genug Zeit findet, das alles zu lesen. Möge es besser bekommen als der blutige Spargel an holzigem Dry Age-Steak in viralem Texas-Wonderdust-Rub …