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Inhaltsverzeichnis
Gewerkschaften Inland
Kristin Ideler, Yanira Wolf: »Streikwelten, die sich aufeinander zu bewegen« – Wie der 8. März 2022 feministische und gewerkschaftliche Streikstrategie weiterentwickelt hat 11
Anton Kobel: »Aus den Wurzeln, nicht den Wipfeln« – Anregungen, Begegnungen, Erfahrungen mit und von Bodo Zeuner 14
Betriebsspiegel
Lars Hirsekorn: »Die ›Rücken‹ des Kapitalismus« – Auswirkungen der Inflation im Betrieb 1
Thomas Zmrzly : »Die Bewegung in alle Kliniken tragen« –Die Krankenhausbewegung NRW und der Tarifabschluss Entlastung 4
Jakob Stengel: »Oberschwester Hildegard, der Kampf geht weiter!« – Arbeitskämpfe an den Uni-Kliniken Frankfurt a.M. und Marburg/Gießen 5
Christian Lelek: »Das Wombat’s hatte in jeder Hinsicht ein Alleinstellungsmerkmal« – Ein Erfahrungen mit gewerkschaftlicher Organisierung in einem
Berliner Hostel 6
Gaston Kirsche: »Hungerstreik für Lohnzahlung « – Ein Beispiel aus der Bauwirtschaft Deutschlands 10
Politik & Debatte
Harald Rein: »Keine Atempause…? Oder Zeit zum Luftholen!« – Sozialismus, Existenzgeld und Erwerbslosenbewegung 9
Bewegung mit Recht
René Kluge: »Klare Pflicht und wertvolles Potenzial« – Über die Betriebsversammlung 8
Internationales
»Für eine transnationale europäische Linke« – Ein kritischer Bericht vom Transnational-Social-Strike-Treffen in Sofia 12
Re-Visited
Herbert Marcuse: »Ich habe nie behauptet, dass der Kapitalismus krisenfest ist« – Interview aus express international, Nr. 95, April 1970 2
Rezensionen
Andreas Bachmann: »Verbindlich und robust« – Broschüre »Für Solidarität und Gute Arbeit« bei ver.di erschienen 15
Torsten Bewernitz: »Der erste Punk« – Die Overall Brigade singt die Lieder Joe Hills 16
Kurzes
Antipasti 13
Editorial
Geneigte Leserinnen und Leser,
klimatechnisch gesehen haben wir nach dem heißen Sommer eigentlich gar keine Lust auf einen heißen Herbst, wie er vielerorts angekündigt wurde. Andererseits spart das – auch im Büro des express – Heiz- und Energiekosten…
Aber wird der Herbst denn tatsächlich heiß? Die warnenden Stimmen malen einen mehr oder minder rechtsextremen Mob an die Wand, inspiriert durch un-soziale Bewegungen wie Pegida und zuletzt die Querdenker (oder Teile davon). Als Vergleichsfolie werden hier auch die französischen Gilets Jaunes herangezogen, die in den Medien des Mainstreams ja gerne als »irgendwie rechts« dargestellt wurden, weil sie gegen ›an sich‹ vernünftige Öko-Steuern protestiert hätten.
Prophylaktisch hat die eine oder andere linke Organisation, vor allem die arg geschüttelte Partei gleichen Namens, schon mal mit Kundgebungen und Demonstrationen begonnen – sei es, um dem vermeintlich kommenden rechten Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen, sei es, um endlich wieder einen Fuß auf den Boden sozialer Bewegungen zu bekommen. Zumindest international hat ein heißer Herbst in jedem Fall schon begonnen: In Russland wird wieder in größerem Stil gegen die Putinsche Mobilmachung demonstriert und im Iran eskalieren die Sozialproteste, während wir dem express den letzten Schliff verpassen.
Krisentheoretiker:innen wie Streikstatistiker:innen gehen oft und gerne davon aus, dass sozioökonomische Verwerfungen zu sozialen Protesten und Bewegungen führen. Wie sozial diese im Einzelfall sind und ob es sich um eine »wirkliche Bewegung« handelt, ist letztlich noch eine andere Frage. Doch gedeiht der soziale Widerstand besser, wenn er besonders nötig oder aber, wenn er besonders möglich ist?
Der express versucht sich deswegen nicht in Kaffeesatzleserei, sondern wir konzentrieren uns – gerade erst aus der wohlverdienten Sommerfrische zurückgekehrt – auf das, was bisher geschah, denn das Jahr 2022 war so arm an sozialen Bewegungen nicht: Weiterhin beschäftigen uns die Streikbewegungen in Soziales und Erziehung (S. 11) und in den Krankenhäusern (S. 4) sowie eine »wilde«, migrantisch geprägte Streikaktion in Hamburg (S. 10). Die Bewegung im Hostel Wombat’s (S. 6) ist zwar schon etwas länger her, aber gerade für alle anregend, die das Potential von Betriebsräten (dazu auch S. 8) in solchen Hipster-Unternehmen ausloten wollen.
Denkanstöße für die »wirkliche Bewegung« der Zukunft finden sich in Harald Reins Nachdenken über Erwerbslosenbewegung und Existenzgeld (S. 9), in dem Bericht über das Treffen des Transnational Social Strike-Netzwerks in Sofia (S. 12) und in dem Interview mit Herbert Marcuse in unserer Reihe »re-visited«, das 52 Jahre danach nichts an Aktualität verloren hat.
Nicht zuletzt ist – auch das ist ja für die kommenden heißen Herbste von Belang – die Frage des Organizings Thema. Mit Anton Kobels Reflexionen über Gewerkschaft als soziale Bewegung erinnern wir auch an unseren liebenswerten Kollegen und Gesprächspartner Bodo Zeuner (S. 14). Wir erwähnen das Thema Organizing an dieser Stelle noch einmal ganz explizit, weil wir ja genau an diesem Punkt bereits in zwei Wochen, am 8. Oktober, live und vor Ort mit euch darüber diskutieren wollen – auf dem nun endlich stattfindenden Geburtstagskongress des express.
Bis dahin und darüber hinaus wünschen wir eine angenehme und entspannte Lektüre – aber nicht zu weit im Lesesessel zurücklehnen!
Denn nur wer aufsteht, kann sich auch wi(e)der setzen.
Bildnachweise
›Normalerweise‹ sieht die Bildstrecke des express aus wie aus einem Guss, da sie ›normalerweise‹ der Feder eines kreativen Geistes entspringt. Das ist dieses Mal anders, die Grafiken unterscheiden sich recht stark, da sie von verschiedenen Künstler:innen gestaltet sind.
Was sie jedoch zusammenhält, sind Texte, die den meisten express-Leser:innen nicht fremd sein dürften: Vor 50 Jahren, ziemlich genau zwei Monate, bevor der express international mit der Sozialistischen Betriebskorrespondenz fusionierte, erschien das erste Album von Ton Steine Scherben, »Keine Macht für niemand«.
Anlässlich dieses 50-jährigen Jubiläums hat der auch ansonsten in Sachen Comic und Musik beschlagene Ventil Verlag elf Comiczeichner:innen gebeten, sich mit jeweils einem der Songs dieses Albums zu beschäftigen und ihn danach zu befragen, ob er für die heutige politische Weltlage noch Relevanz besitzt. Entstanden sind elf eigenwillige Interpretationen, die die vielen Facetten des Albums einfangen, das Parolenhafte wie auch das Zarte, die Kritik aber auch die Utopie.
Eine illustre Auswahl aus diesen Comics präsentieren wir euch in dieser Ausgabe des express. Wir danken dem Verlag, insbesondere Jonas Engelmann, sowie den beteiligten Grafiker:innen – und natürlich den Scherben: Thank you for the music! Who could live without it? Eure Avatare J
Gunther Buskies, Jonas Engelmann (Hg.): Keine Macht für Niemand. Ein Ton Steine Scherben Songcomic. Ventil Verlag, Mainz 2022. ISBN 978-3-95575-181-4. 18 Seiten, 25 Euro (erscheint am 10. Oktober!) www.ventil-verlag.de