express 11/2024 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Ulrich Maaz: »Ein vielfältiges, anspruchsvolles Forderungspaket« – Die TVöD-Forderungen zur Tarifrunde 2025   6

Ulrich Maaz: Gewerkschaftsspiegel 11/2024   7

hade: »Zehntausende streiken und keiner guckt hin« – Metalltarifrunde 2024: Die IG Metall sucht den Abschluss   8

Betriebsspiegel

Kalle Kunkel: »Ausgebremste Bewegung« – Für pädagogische Qualität und Entlastung an den Berliner Kitas   1

Andreas Bachmann: »1999: ab jetzt nicht nur analog – Gewerkschaftslinke geht online« – 25 Jahre LabourNet   9

Nikolai Huke: »Rechtsmobilisierung in prekären Lebenslagen« – (Rechts-)Beratungsstellen als Voraussetzung rechtsstaatlicher Verhältnisse   10

Politik und Debatte

Renate Hürtgen: »Arbeiterpartei AfD?« – Noch einmal: Welchen sozialen Charakter hat die AfD in Brandenburg?   3

AG Wahlbeobachtung: »Nach der Wahl ist vor der Wahl« – Neuwahlen drohen Rechtstrend zu verstetigen   4

Bernd Riexinger: »Delegierte richten den Blick nach vorne« – Über den Bundesparteitag der Linken   5

Slave Cubela: »Terra incognita« – Über Fremdheit und Verantwortung in dieser Welt   15

Internationales

AG Wahlbeobachtung: »Klarer Sieg, klare Entscheidung, trübe Aussichten« – Trump gewinnt US-Präsidentschaftswahl   12

Jürgen Schardt: »UK: Entschärfung des Streikrechts« – Labour bringt umfassendes Reformpaket ins Parlament ein   13

Jenny Brown: »Mal keine Bruchlandung« – Stimmen der Boeing-Beschäftigten zu ihrem Abschluss   14

Marlies Adler, Leona Ogrisek: »Wir wollen die ganze Bäckerei« – Bericht zur Tagung über linke Betriebsarbeit in Wien vom 11.-13. Oktober 2024   16

Kurzes

Leserbriefe 3

Antipasti 2, 8

Vermischte 13

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

und fast hätten wir schon wieder gesagt: herzlich willkommen bei unserem politikwissen­schaftlichen Fachblatt! Denn obwohl gerade gar keine inländischen Wahlen stattfanden, hat unsere AG Wahlbeobachtung erneut zugeschlagen, und zwar so aktuell wie selten: Sowohl das nahe Ende der Ampel-Koalition (S. 4) wie auch die US-Wahlen (S. 12) wurden so frisch analysiert, dass weder Donald Trump schon wusste, dass er demnächst Präsident wird, noch Olaf Scholz, dass er demnächst wohl kein Bundeskanzler mehr ist…

Als zehn Mal im Jahr erscheinendes Fachblatt für »sozialistische Betriebs- und Gewerk­schaftsarbeit« haben wir eigentlich gar nicht den Anspruch, dermaßen aktuell zu sein – in der Regel ist das auch gar nicht möglich. Die aktuellen Wahlanalysen erreichten uns nach Redaktionsschluss – in anderen Fällen, die uns thematisch weit näher sind, brauchen wir durchaus mal länger. So findet sich auch in dieser Ausgabe immer noch kein Beitrag zur Situation bei Volkswagen, obwohl wir (gefühlt) ständig darüber reden. Das werden wir, ver­sprochen, mit Blick auf kommende Großereignisse bei den Meistern der Krise nachholen – dann aktuell.

Trotzdem sind wir mit einem Blick auf die Tarifrunden TVöD Bund (S. 6) sowie Metall und Elektro (S. 8) ziemlich nah am Zeitgeschehen (in diesem Moment, am späten Freitagabend, während die Druckerei schon mit den Füßen scharrt, gibt ein Autor telefonisch gerade aktuali­sierte Zahlen durch; wir schmeißen schnell noch Artikel raus, um mit einem taufrischen Bei­trag aus den Labor Notes die US-Streikenden bei den Bruchpiloten des Boeing-Managements zu feiern). Vielleicht sollten wir Tarifkommissionen, Regierungen und sonstigen Kapital-Beauftragten demnächst frühzeitig unsere Produktionspläne für den express mitteilen…

Spaß beiseite, denn eigentlich ist uns nach dem US-Wahlergebnis gar nicht so zum Lachen zumute. Oder zum Feiern. Aber das werden wir dennoch tun, und zwar am 7. Dezember unse­re lieben Kolleg:innen vom LabourNet! Das dann seinen 25. Geburtstag feiernde LabourNet ist mit Sicherheit unser wichtigster und langjährigster medialer Kooperationspartner. Stellver­tretend für die gesamte Redaktion gratuliert Redaktionsmitglied und LabourNet-Mitgründer Andreas Bachmann auf Seite 9. Und auch, wenn die Gratulation kollektiv gemeint ist, wollen wir sie hier noch einmal doppelt unterstreichen.

Sollten wir uns bei der LabourNet-Jubelfeier nicht sehen, so gibt es ab dem 2. Mai 2025 in Berlin bereits die nächste Streikkonferenz der Rosa Luxemburg Stiftung. Das ist noch etwas hin, aber die RLS macht mit der beigelegten Postkarte schon mal darauf aufmerksam. Und wo wir schon was beilegen, haben wir speziell euch, geneigte Leserinnen und Leser, auch noch etwas bei- und ans Herz gelegt: den alljährlichen, vorweihnachtlichen (ja, es ist schon wieder soweit) Spendenaufruf.

Bevor ihr jedoch darüber sinniert, welche Unsumme ihr uns in diesem Jahr zu Gute kommen lassen wollt, prüft erst einmal, was so drin ist in der sozialistisch-betrieblich-gewerkschaftli­chen Wundertüte 11/2024. Wir wünschen eine geruhsame und entspannende, nichtsdestotrotz informative und inspirierende Lektüre!

Bildnachweis

Unsere Bildstrecke ist der von Julian Voloj inszenierten und von Jörg Hartmann gezeichneten Graphic Novel »Liberty« entnommen. Erzählt wird darin die Geschichte der Freiheitsstatue, die der Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entwarf und realisierte. Ursprung dieses Projekts war eine Initiative aus der Dritten Französischen Re­publik, die damit die Verbundenheit Frankreichs mit dem Sieg der amerikanischen Nordstaa­ten im Sezessionskrieg und der Abschaffung der Sklaverei ausdrücken wollte.

Als politisches Symbol ist die Freiheitsstatue ambivalent: Einerseits handelt es sich nicht um eine »Viktoria«, die für den heroischen Sieg einer Nation steht, vielmehr verkörpert sie indivi­duelle Freiheit und Unabhängigkeit. So begrüßte sie im Hafen von New York Millionen von Migrant:innen, die vor allem aus Europa flüchteten und in den USA ein besseres Leben such­ten.

Andererseits steht sie für eine Idee von Freiheit, die im Wesentlichen die Freiheit des Privatei­gentums bedeutet. Deren Verwirklichung beinhaltete in den USA u.a. die weitgehende Ver­nichtung der indigenen Bevölkerung, in Frankreich die blutige Niederschlagung der Pariser Commune. Als Symbol zur Verteidigung der Demokratie – etwa angesichts der Wiederwahl von Trump – eignet sie sich daher kaum. Das Titelbild markiert deshalb eine Leerstelle: Bed­loe’s Island, heute die »Freiheitsinsel«, vor der Errichtung der Statue.

Herzlich bedanken möchten wir uns beim Splitter-Verlag für die Überlassung der Illustra­tionen, die Euch hoffentlich dazu anregen, die ganze Geschichte zu lesen.

Julian Voloj (Szenario) / Jörg Hartmann (Zeichnung): Liberty. ISBN: 978-3-98721-450-9. Splitter Verlag, Bielefeld, 144 Seiten, 29,80 Euro

express 06/2023 erschienen!

express 06/2023 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Andreas Bachmann: »Die unendliche Geschichte« − (Kein) Equal Pay in der Leiharbeit      1

Erhard Schleitzer: »Truck Stop II« − Wie weiter nach dem Streik in Gräfenhausen? 2

express-Redaktion: »Erneuerung durch Streikkonferenzen?« − Ein Reisebericht von der RLS-Konferenz in Bochum 4

Heiner Dribbusch: »In trockenen Tüchern« − TVöD-Abschluss bei Mitgliederbefragung gebilligt 6

Betriebsspiegel

Marco Hamann: »Blick zurück von vorn« − Erfahrungen in der TVöD-Auseinandersetzung bei den Verkehrsbetrieben in Leipzig       6

Kommunalinfo Mannheim: »Tatort BASF, eine Spurensuche« − 87 Mrd. Euro Umsatz, 6,8 Mrd. Euro Gewinn vor Steuern, aber keine Lust auf Steuern und Entschädigungen 8

Tobi Rosswog: »It’s our Life«, genau! − Impulsrede auf der Aktionärsversammlung von VW 11

Mathias Grabow: »Was tun, wenn Intel kommt?« − Chancen und Herausforderungen der gewerkschaftlichen Arbeit bei der geplanten Intel-Ansiedlung in Magdeburg       12

Politik & Debatte

Karen Spannenkrebs: »Wir sind keine Handelsware« − über die Rekrutierung von Fachkräften im Gesundheitswesen       19

Internationales

Jochen Gester: »Müssen wir den Krieg gewinnen?« − Kommentar zum Interview mit Vitali Dudin       3

Julia Kaiser: »Industrielle Konversion in Campi Bisenzio?« − Herausforderungen des ökologischen Umbaus der Ex-GKN Fabrik in der Toskana       14

Streiksolibündnis Leipzig: »Amazon zahlt und liefert nicht« − Ein Bericht der Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (Arbeiterinitiative) über die Hindernisse auf dem Weg zum Streik in Polen       16

Johannes Specht: »Fight for $15« − Gespräch mit Nicholas Allen von der SEIU       17

Rezensionen

Torsten Bewernitz: »Auf kleiner Flamme« − über Jule Ehms Versuch, dem Anarchosyndikalismus auf den Grund: nämlich den Betrieb, zu gehen       10

»Ethnisierter Nationalismus« − Peter Nowak* rezensiert Matthias Thadens Buch über exilkroatischen Rechtsextremismus       20

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

und schwups, da war er weg, der ganze schöne Enthusiasmus von der Bochumer Streikkonfe­renz: die ganze positive Power verwandelte sich Ruckzuck in negative Wut, als die bundes­weiten Hausdurchsuchungen bei der »Letzten Generation« öffentlich wurden.

Dabei sind wir aus zwei Gründen ja gar keine guten Freund:innen der »Letzten Generation«: Erstens bleiben ihre Forderungen – siehe da – etwas zu handzahm und decken sich eigentlich mit dem Koalitionsprogramm der Ampel-Regierung (Nachhaltigkeit, Ausbau Erneuerbarer, 9-Euro-Ticket, Tempolimit …), und wehren sich im Wesentlichen nur gegen das Tempolimit bei der Umsetzung. Zweitens finden wir ihre Methoden nicht wirklich geeignet, um dem Ansin­nen einer klimagerechten Transformation zu einer breiten Basis zu verhelfen.

Unsere Empörung hat einen anderen Grund: die sehr fix erledigte Entsorgung der Gewalten­teilung. Dass die bayrische Staatsanwaltschaft in enger Kooperation mit der Polizei – also der Exekutive – direkt mal eine kriminelle Vereinigung nach Paragraph 129 StGB konstruiert, lässt für die Zukunft der Demokratie hierzulande und woanders (Repression gegen die Kam­pagne »Aufstände der Erde« in Frankreich, Erschießung einer Aktivistin gegen die »Cop City bei Atlanta, USA) Böses ahnen. Die Dreistigkeit, mit der demokratische Prinzipien über Bord geworfen werden, um gegen eine Erweiterung der Demokratie vorzugehen, zeigt uns, dass wir die Schildkrötenkrallen (ja, Schildkröten haben Krallen!) ordentlich schärfen müssen. Das zu­nehmende Unternehmer-Krakele für eine Einschränkung des Streikrechts weist ganz grund­sätzlich in dieselbe Richtung.

Aber wie heißt es doch so schön? »Wandelt Wut in Widerstand!« Dass sich mit 1.550 Besu­cher:innen der Streikkonferenz in Bochum die Teilnehmerzahl im Vergleich zur letzten Kon­ferenz in Braunschweig 2019 nahezu verdoppelt hat, lag u.a. auch daran, dass sich eine neue, junge Generation von Klimaaktivist:innen für Betrieb und Gewerkschaft zu interessieren be­ginnt. Die Redaktion lässt in einer eigenen Reflexion die Erfahrungen der Konferenz Revue passieren (S. 4) und Johannes Specht steuert ein Interview mit dem SEIU-Kampagnenleiter der »Fight for $15«-Kampagne Nicholas Allen bei, der auf der Konferenz zu Gast war (S. 17).

Es gibt bereits kritische Stimmen, die den Enthusiasmus der Streikkonferenz verfrüht finden. Aber, um den Enthusiasmus zu befeuern, noch eine Streiknachricht: In den USA streiken zur Zeit die Drehbuchautor:innen. Als das vor etwa einem Jahrzehnt das letzte Mal geschah, hat uns das im Nachklapp Streikfolgen ungekannter Art beschert: In diversen Serien wurde das Thema eingebaut. Auch diesmal wieder vorne dabei: Unser Lieblingsteam von Startrek. Schön, dass Tasha Yar, Seven of Nine und Beckett Mariner in der Picket Line zu entdecken sind. In diesem Sinne, geneigte Leserinnen und Leser, verbleiben wir bis zur kommenden Ausgabe mit dem Wunsch einer angenehmen Lektüre und einem beherzten »Engage!«

Bildnachweis

Mit der Bildstrecke reisen wir dieses Mal zu den Abgründen der Rohölgewinnung, nämlich in die Ölsandfelder Westkanadas, wo die Industrie seit Jahren Landschaft abträgt und Erde vergiftet. In ihrer autobiographischen Erzählung führt uns Kate Beaton zurück ins Jahr 2005, als sie 22jährig beschloss, ihr Studiendarlehen durch einen Job in einer »Werkzeugbutze« abzuarbeiten. Aus ihrem zweijährigen Beschäftigungsverhältnis berichtet sie über den Raubbau an der Natur, über unwürdige Arbeitsbedingungen sowie über geschlechts­spezifische Gewalt in einer männlich dominierten Arbeitswelt. Wir danken dem Verlag für die Bildüberlassung!

»DUCKS – Zwei Jahre in den Ölsanden« von Kate Beaton, Reprodukt u. Zwerchfell 2023, 448 Seiten, zweifarbig, Hardcover, 29 Euro, ISBN 978-3-95640-383-5