express 12/2023 erschienen!

express 12/2023 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Toni Richter: »Fast schon zu spät…« – Warum der Kampf gegen rechts in den Reihen des DGB jetzt beginnen muss     4

Marc Jäger: »Der (etwas) vergessene Arbeitskampf« – Acht Monate Verhandlungen und Streiks im Handel     8

Marvin Hopp: »Für eine Handvoll Tarifvertrag« – Tarifabschluss im öffentlichen Dienst der Länder     10

Neva Löw: »Die Stärken der Solidarität« – Gewerkschaften in migrationspolitischen Auseinandersetzungen 14

Betriebsspiegel

Jan R., Matthias M.: »Im Windschatten der AfD« – Ein Blick auf die rechten Betriebsgruppen von Zentrum     2

Kay Jäger: »Da muss erst die Hölle zufrieren« – Zur aktuellen Auseinandersetzung um die Teilprivatisierung der HHLA     9

Bewegung mit Recht

René Kluge: »Nur eine weitere bürokratische Regelung?« – Folge 27 7

Politik und Debatte

Susanne Uhl: »Schuldenbremse: saudoof« – Bundesverfassungsgerichtsurteil: doof. Ampel-Konsequenzen: unverantwortlich     12

Europa Express

Roland Erne: »Fremdenfeindliche November-Krawalle in Dublin« – Die extreme Rechte erreicht Irland     11

Roland Erne: »Der schwedische Tesla Streik wird zu einem globalen Konflikt«

Internationales

Gabriel Kuhn: »Streik mit Sympathiebonus« – Schwedische Gewerkschaften bieten Tesla die Stirn     1

Michael Fütterer: »Das ist ja wohl das Mindeste!« – Gewerkschaften in Bangladesch für mehr Mindestlohn    15

Rezension

Klaus Blees: »Auf zum lä-hätzten…« – Zu Jan Gerbers „Das letzte Gefecht. Die Linke im Kalten Krieg“     16

Kurzwaren

Leserbriefe    6, 12, 13

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

das ist nun alles andere als besinnlich, was wir euch da unter den Weihnachtsbaum gelegt ha­ben. Der Schwerpunkt des letzten express in seinem 61. Jahr stellt die Frage nach dem Zu­sammenhang von betrieblicher Arbeit und Rechtsextremismus.

Wir erinnern uns: Unser AK Wahlanalyse hatte angesichts der Landtagswahlen in Bayern und Hessen festgestellt, dass nirgends kein links zu finden sei (express 10/2023, S. 1). Und ärger noch: Unter Gewerkschafter:innen sieht es besonders übel aus. Der schlimme Verdacht: Was, wenn die althergebrachte These, dass es sich dabei nur um Passivmitglieder handele, nicht stimmt, sondern das Problem mittlerweile auch unter Aktivist:innen, bei Ehren- und Haupt­amtlichen zu finden ist?

Indizien dafür findet Toni Richter in seinem Beitrag zur Frage des Umgangs von Gewerk­schaften mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen (S. 4). Damit widerspricht er sehr deutlich der These einer aktuellen Studie der Otto-Brenner-Stiftung, die das beste Mittel ge­gen zunehmenden Autoritarismus in möglichst viel Mitbestimmung – ge- und erlebte Demo­kratie sozusagen – sieht. Was, wenn im Gegenteil nicht mal mehr der alte Mechanismus, dass gemeinsame multinationale Streiks rassistische Vorurteile beheben, noch stimmt?

Rechte im DGB sind das eine, das andere ist der Versuch, sich mit eigenen rechten Arbeitsor­ganisationen, namentlich dem »Zentrum«, neben und gegen die DGB-Gewerkschaften zu stel­len. Wie es da aktuell so aussieht, haben Jan R. und Matthias M. für uns aufgeschrieben (S. 2). Und dass innerhalb des DGB durchaus was getan wird, stellt Neva Löw für uns dar (S. 14).

Angesichts der im Jahr 2024 folgenden Landtags- und internationalen Wahlen handelt es sich um ein umfassendes Problem, das allgemein gesehen wird, wie die aktuellen Ausgaben der Luxemburg (2/2023, »Zeit der Monster«) und des Wiener Tagebuch (1/2024) zeigen. Deswe­gen hat nicht nur der express, sondern die gesamte AFP mit unseren Schwesterzeitungen links-netz und Widersprüche zwei Wochen vor Erscheinen dieser Ausgabe das Thema zum Schwerpunkt des kommenden Jahres gemacht.

Weitere Themen sind der Hamburger Hafen, wo die Wogen der Elbe noch nicht geglättet sind (S. 9), der öffentliche Dienst der Länder, dessen Abschluss leider ohne TVStud erfolgte (S. 10) sowie die fast völlig vergessene, mittlerweile achtmonatige Tarifrunde im Einzel­handel (S. 8). In Schweden machen die Gewerkschaften dem Technofaschisten Elon Musk Dampf (S. 1) und in Bangladesch wird für die Erhöhung des Mindestlohns gekämpft (S. 15).

Was fehlt? Erstens der angekündigte Teil 2 der »Potemkin’schen Seminare« (express 11/2023, S. 16), den wir im neuen Jahr nachliefern. Zweitens uns Geld. Deswegen findet ihr erneut – mit Bitte um freundliche Beachtung – unseren Spendenbrief beigelegt. Und drittens, klar, das große Thema unserer Zeit: der Klimawandel und seine betrieblichen und ökonomi­schen Folgen. Dazu haben wir diesmal eine feine Beilage der Initiative Verkehrswende beige­legt. Und so kommt ihr, geneigte Leserinnen und Leser, doch wieder in den Genuss von 20 Seiten sozialistischer Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, obwohl wir uns auf die geruhsame Jahresendzeit vorbereiten und deswegen nur die traditionellen 16 Seiten produziert haben.

Bleibt uns noch, euch einen ebenso geruhsamen Jahresausklang und -wechsel zu wünschen. Darüber aber nicht vergessen: Antifa heißt Klassenkampf!

Bildnachweis

Passend zum Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe des express haben wir für die Illus­tration das gemeinsame Grafik-Projekt von Dario Azzellini (Text) und Carina Crenshaw (Bild) ausgewählt: Auf der Grundlage des von Dario Azzellini für die Rosa Luxemburg Stiftung (RLS) herausgegebenen Buches »Mehr als Arbeitskampf!« (VSA, Hamburg 2021) wurde für das RLS-Projekt L!NX eine Serie von bebilderten Texten erarbeitet, die zur Einführung in die Thematik Arbeitskämpfe gegen Rechts dienen. Dazu gehören Beiträge und Grafiken zur Bundesrepublik Deutschland (Gewerkschaften und Antirassismus), Frankreich (Gewerkschaften, soziale Bewegungen und Gelbwesten), Indien (Massenstreiks und Selbstorganisierung), USA (Arbeiterklasse gegen Repression und Rassismus), Chile (»Es sind nicht 30 Peso, es sind 30 Jahre!«) und Kolumbien (Eine mörderische »Demokratie«). Die Grafiken stehen unter einer creative commons-Lizenz und sind für die virtuelle wie reale Bildungsarbeit verwendbar. Wir danken Grafikerin und Autor sowie dem RLS-Projekt L!NX für die freundliche Überlassung!

Azzellini, Dario und Carina, Crenshaw 2023: »Arbeitskämpfe gegen Rechts: Serie von bebilderten Texten«. Rosa Luxemburg Stiftung-Projekt L!NX. Online: https://linx.rosalux.de/arbeitskaempfe-gegen-rechts

Azzellini, Dario 2021: Mehr als Arbeitskampf! Workers weltweit gegen Autoritarismus, Faschismus und Diktatur. Hamburg, VSA-Verlag. ISBN 978-3-96488-081-9. 248 Seiten, 16,80 Euro. Download: https://www.rosalux.de/publikation/id/44046

express 12/2021 erschienen!

express 12/2021 erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Ulrich Maaz: »Nicht genug – aber viel mehr als nichts« – Kurze Einschätzung zum Tarifergebnis im öffentlichen Dienst der Länder       3

Reiner Heyse: »Weitere Sargnägel für die gesetzliche umlagefinanzierte Rente« – zu Abgründen geplanter Rentenpolitiken                      6

Torsten Bewernitz: »Klasse Klima« – Anregungen zu zarten Pflänzchen der Klassenpolitik          9

Gaston Kirsche: »Ursachenforschung: Pustekuchen« – Über die Ausstellung „Konflikte“ im Hamburger Museum der Arbeit                                                   15

Betriebsspiegel

»Am konkreten Körper« – Interview mit TIE zu Analysetechniken von Arbeitsbedingungen        1

Hannes Strobel: »Diverse Kerngruppen statt Organic Leaders als Schlüssel zum Erfolg?« – Erfahrungen aus dem Organizing von Deutsche-Wohnen-Mieter:innen in Berlin               11

»Klassenfragen« – Podcast Hinweise zu Klassenlage und Klassenkampf             5

Politik & Debatte

Andreas Bachmann: »Moderater Sozialliberalismus unter wirtschaftsliberaler Haushaltsdisziplin« – Anmerkungen zur neuen Ampelregierung           4

»Seniorenaufstand« – ein Aufruf zum Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik    8

Karin Zennig: »Jetzt reden wir!« – über den hessischen Untersuchungsausschuss zu Hanau                  16

Internationales

Peter Korig: »Früchte des Zorn« – über gewerkschaftliche Kämpfe in Albanien, an der Peripherie von EU und Weltmarkt       14

Rezensionen

Torsten Bewernitz: »Wie hast du’s mit der Organisation?« – zu Alexander Neupert-Doppler Buch über Geschichte und Modelle der Organisierung         12

Stefan Schoppengerd: »It’s Showtime!« – über Jane McAleveys „Macht. Gemeinsame Sache“ 13

Jonas Berhe: »Wessen Wut – Wessen Aktion?« – Zur neuesten Publikation von Slave Cubela   13

Nachruf

Wir trauern um Bodo Zeuner – ein Nachruf                         3

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

es ist kalt draußen. Und drinnen. Genug – mehr als Wetterbanalitäten finden sich in einigen Beiträgen dieser Ausgabe, die sich gesellschaftlichen Klimakrisen, ihren Folgen und ihrer Bewältigung widmen (S. 1, 9f.). Doch weil offenbar gar nicht mehr unterscheidbar scheint, was hier eigentlich Natur und Kultur, Körper oder Konstrukt ist und wer hier eigentlich verrückt geworden ist (s. dazu auch unsere Bildstrecke), erfreut man sich wohl recht gern am verlässlichen Glanze grüner Tannenbaumspitzen, unter denen all die roten Kugeln und goldenen Lichtlein blitzen.

Grün ist ja bekanntlich die Farbe der Hoffnung, und diese stirbt zuletzt. Frohlocken können wir bislang, weil sich noch keine weiteren Auslandseinsätze oder Rückführungsoffensiven andeuten. Vielleicht entziehen sie sich aber auch im allgemeinen Jingle Bells von Fortschritt, Vernunft und Modernität nur unserer Wahrnehmung. Einen Blick auf die Verheißungen der neuen Ampel-Koalition wirf Andreas Bachmann in dieser Ausgabe (S. 4f.).

Jenseits des Weltschmerzes hält uns in der Redaktion aber auch der Jahresendzeitstress in Atem. Auch wenn wir uns bemühen, nicht selbst in Katastrophismus zu verfallen, haben uns Personalfragen, hitzige Debatten mit Autor:innen, unerwartete Effekte vergangener Beiträge und – leider auch – Todesfälle teilweise ganz schön aus der Bahn unserer Redaktionsroutine geworfen (siehe den Nachruf auf unseren langjährigen Wegbegleiter Bodo Zeuner).

Unterm Weihnachtsbaum wird die Stimme des kritischen Geistes deswegen nur mit 16 Seiten und drei Beilagen zu liegen kommen. Wem dieser Lesestoff nicht reicht, der/dem sei unser Rezensionsteil wärmstens empfohlen: Gleich drei Bücher zum Thema Organisierung/Organizing werden in der aktuellen Ausgabe diskutiert (S. 12f.). Um dieses kleine Special zu vervollständigen, thematisiert Hannes Strobel die Organizing-Strategie der Kampagne Deutsche Wohnen & Co Enteignen! (S. 11) und TIE stellt sein Modell des Gesundheitsmappings vor (S. 1f.). 16 Seiten sind wohl auch genug angesichts des vorweihnachtlich-spät ausgelieferten express 11/2021. Der soll mancherorts immer noch nicht angekommen sein. Bitte meldet Euch, wenn das auf Euch zutrifft, wir senden gerne und selbstverständlich ein Exemplar nach!

Apropos „vergangene Beiträge“. Jörn Boewe machte uns darauf aufmerksam, dass wir ziemlich danebengelegen haben, als wir in Auseinandersetzung mit dem Streik der GDL vermutet hatten: „Vor zehn Jahren hätten viele ein Gesetz wie das Tarifeinheitsgesetz für nicht möglich gehalten.“ (express 9/2021, S. 7). Tatsächlich haben der damalige DGB-Vorsitzende Michael Sommer und der BDA-Präsident Dieter Hundt vor elf Jahren, nämlich im Juni 2010, öffentlich gemeinsam ein solches Gesetz gefordert – fünf Jahre, bevor diese Pläne dann vom Gesetzgeber umgesetzt wurden. Asche auf unser Haupt – vielleicht ist das nach 59 Jahren express Alterssenilität?

Was das Alter sonst noch für Schwierigkeiten – vor allem in Bezug auf die monetäre Versorgungslage – mit sich bringt, führt Reiner Heyse vom „Seniorenaufstand“ in seiner Betrachtung der aktuellen Rentenlage aus (S. 6ff.). Alter kann aber auch ein Grund zum Feiern sein: Herzliche Glückwünsche senden wir deswegen an dieser Stelle an unsere Schwesterzeitschrift im Herzen, die ak, die nach erfolgreicher Geschlechtsumwandlung 1992 (von dem Arbeiterkampf zu der analyse und kritik) in diesem Monat ihr 50-jähriges Jubiläum begeht. Rabimmelrabammel und möge es für Euch und uns nicht das „last christmas“ sein!

Sollten sich, geneigte Leserinnen und Leser, in euren Reihen vielleicht einige Weihnachtsmänner oder -frauen befinden, verweisen wir daher letztmals in diesem Jahr auf unseren beiliegenden Spendenaufruf. Statt Krawatte, Socke und Zwangsjacke ein paar Scheine unter dem Baum – und wir sehen uns wieder!

In diesem Sinne: Wir wünschen einen besinnlichen Jahresabschluss und erbauliche Lektüre – bleibt schön negativ!

Bildnachweise

Alle Bilder dieser Ausgabe sind der Graphic Novel „Ich, der Verrückte“ entnommen, die im Frühsommer dieses Jahres bei avant erschienen ist. Der Text stammt von Antonio Altarriba, baskischer Literaturprofessor und Schriftsteller, dessen preisgekrönte ‚biographische Universalgeschichte‘ „Die Kunst zu fliegen“ (2012) über das Spanien des 19. Jh. wir ebenfalls hier im express vorgestellt hatten. Mit Keko als neuem Zeichner an seiner Seite widmet er sich abermals der Frage von Wahrheit und Bewusstsein – nun in deutlich schrofferen Illustrationen und anhand eines Themas, das Stoff für Verschwörungstheorien liefert, ob an den Stammtischen von Schulmedizin-Skeptikern, Hyaloron-Abhängigen, System-Somatikern oder anthroposophischen Wissenschaftsagnostikern.

Ángel Molinos, Doktor für Psychologie und gescheiterter Schriftsteller, arbeitet in einer Klinik für psychische Störungen, die mit einem internationalen Pharmaunternehmen kooperiert. Seine Arbeit besteht aus der Identifizierung verhaltensbezogener Auffälligkeiten bzw. Trends und der Kreation neuer, pathologisierbarer psychologischer Kategorien, aus denen medikamentös behandelbare neue Krankheitsbilder entstehen sollen. Er hat Alpträume und flüchtet sich in die Erforschung der Psyche anderer – auch um seine eigene schmerzliche Vergangenheit aufzuarbeiten. Als er nach vielen Zweifeln beschließt, die Praktiken der Pharmaindustrie aufzudecken, wird er in eine kunstvolle Konstruktion aus Intrigen hineingezogen. Wird der Erfinder des falschen Wahnsinns am Ende selbst verrückt?

Verpackt in einen spannenden Thriller, in dem mit den Grenzen von Traum und Wirklichkeit ‚gespielt‘ wird, setzt sich die Graphic Novel kritisch mit der gesellschaftlichen Schaffung von Bedürfnissen und dem ökonomischen Nutzen von Krankheiten, mit der zunehmenden Individualisierung von Seelenheil und Körper-Bezogenheit auseinander. Prädikat: beklemmende Zeichnungen, sehr lesenswert, tolles Weihnachtsgeschenk.

Wir danken dem avant-Verlag sehr für die gute, langjährige Zusammenarbeit und die Überlassung der Bilder – und wir gratulieren herzlich zu den zahlreichen Preisen für Eure Bücher!

Antonio Altarriba (Text), Keko (Zeichnungen): Ich, der Verrückte. Avant-Verlag, Berlin 2021. ISBN 978-3-96445-011-1. 136 Seiten, 25 Euro.