express 1/2024 erschienen!
Inhalt
Gewerkschaften Inland
Stephan Krull: »Da war mehr drin!« – Über den Tarifabschluss in der Stahlindustrie 1
Freddy Adjan, Johannes Specht: »Wachsen in der Krise« – Das Tarifgeschehen 2023 aus Sicht der NGG 4
Betriebsspiegel
Thomas Gehrig.: »Potemkin’sche Seminare, Teil 2« – Von den Zweifeln eines prekären Bildungsarbeiters im Bildungssystem 6
Werner Voß: »Wir sind dann mal weg!« – Über den Zustand der Reifenindustrie in Deutschland 8
Re-Visited
Wolfgang Schaumberg: »Wie Arbeitsbewegungen pro Band-Taktzeit vorgeschrieben werden« – Zur Aktualität von MTM 12
Rezensionen
Hermann Bueren: »Betriebssystem startet neu« – Zu Adrian Mengays »Produktions-System-Kritik« 14
Frank-Uwe Betz: »Als konvertierter Jude von den Nazis verfolgt« – Zur Biographie Ernst Seidenbergers 15
Robin Mohan: »Widerstand will gelernt sein« – Zu Richard Detjes und Dieter Sauers »Solidarität in den Krisen der Arbeitswelt« 16
Nachrufe
Andreas Bachmann: Detlef Hensche – 1938 bis 2023 2
Bernd Riexinger: Sybille Stamm – 1945 bis 2023 3
Freundeskreis: Otto Jacobi – 1938 bis 2024 16
Kurzwaren
Infos aus der Verwaltung: Spenden und Abos 3
Redaktion: Antisemitismus unter Kolleg:innen 3
Leserbrief 7
Dringliches 12
Editorial
Geneigte Leserinnen und Leser,
ist es eigentlich angebracht, euch ein »frohes neues Jahr« zu wünschen oder sollten wir stattdessen ein »besseres« wünschen? Vielleicht sogar ein nicht so schlimmes wie erwartet? Lassen wir es dahingestellt sein. Wir wollen nicht nur Trübsal blasen, dafür ist der express nicht da.
Der Schwerpunkt der ersten Ausgabe des Jahres 2024 liegt auf Betrieb und Gewerkschaft. Fast hätten wir gesagt, es ist eine recht industrielle Ausgabe geworden mit den Themen Reifenindustrie (S. 8), Stahlindustrie (S. 1) und dem Fokus auf ganzheitliche Produktionssysteme mit einem aktualisierten Beitrag Wolfgang Schaumbergs zu MTM (S. 12) und der dazu passenden Rezension der Doktorarbeit von Adrian Mengay (S. 14).
Doch dann ist diese Ausgabe doch noch recht hochschulfixiert geworden durch zwei längere Beiträge: Zum einen liegt euch nun endlich der zweite Teil der Analyse der Hochschulverhältnisse von Thomas Gehrig vor (S. 6), zum anderen haben Aktive der TVStud-Bewegung eine umfassende Analyse des entsprechenden Organizing-Prozesses und der Tarifrunde der Länder vorgelegt (S. 9).
Das scheint uns angemessen, denn noch bevor die zweite Ausgabe des express im Februar erscheint, werden die entsprechenden Tarifverhandlungen in Hessen beginnen, die – wir erwähnten es schon – auch einige aus der Redaktion direkt betreffen. Für uns eine feine Gelegenheit, nicht nur von Gewerkschaftsaktivitäten zu berichten, sondern selbst aktiv zu werden.
Dabei treiben uns gerade ganz andere Dinge um – dazu siehe unten. Aber dann seid ihr, geneigte Leserinnen und Leser schon mitten in der express-Lektüre. Möge sie euch angenehm und inspirierend sein!
express beendet Kooperation mit Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg
Auf der Webseite des Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg ist in der Rubrik »aktuell« mit Datum 8. Dezember 2023 unter dem Namen Paul Polczyn ein als Gastbeitrag gekennzeichneter Artikel unter der Überschrift »Warum Israel den Völkermord an den Palästinensern nicht industriell wie seinerzeit die Nazis an den Juden ausführt!« veröffentlicht worden. Schon die Überschrift stellt eine Analogie zwischen dem Krieg der israelischen Regierung gegen die Hamas und der Judenvernichtung des Nationalsozialismus her. Im Beitrag selbst wird zudem eine »Wesensgleichheit von Nationalsozialismus und Zionismus« behauptet und der israelischen Regierung unterstellt, sie würde, wenn sie könnte, Konzentrationslager zur Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung einrichten. Zitat: »Die israelische Regierung richtet keine Vernichtungs-KZ’s [sic!] ein, wie ab Dezember 1941 die Nazis, weil diese Methode heute nicht mehr geht!«. Dass solch ein »Gastbeitrag« auf die Webseite genommen wird, diskreditiert den Jour Fixe Gewerkschaftslinke. Der Artikel bedient nicht nur an den hier zitierten Stellen antisemitische Stereotype und Narrative. Der express hat daraus die Konsequenz gezogen und die Kooperation mit dem Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg nach diesem Vorfall eingestellt. In dieser – neuen – Nachbarschaft möchten wir den express nicht sehen.
Wir sind besorgt über die Verrohung der Argumentationsformen und die Verbreitung solcher Äußerungen im Netz – auch im Hinblick auf deren politische Implikationen. In diesem Sinne können und wollen wir diesen »Vorfall« nicht unkommentiert lassen, auch und gerade nicht in einem gewerkschaftslinken Umfeld
Bildnachweis
Mit einem Augenzwinkern in Richtung der aktuellen Proteste der Landwirt:innen haben wir uns an einen anderen bäuerlichen Aufstand hierzulande erinnert. Es ist ein wenig der zeitlichen Not nach dem turbulenten Jahreswechsel geschuldet, dass der vorliegende express mit Darstellungen aus dem deutschen Bauernkrieg 1524 bis 1526 illustriert ist. Ergänzt haben wir einige zeitgenössische Darstellungen aus einer zeitgleichen protosozialistischen Landkommune, dem Münsteraner Täuferreich. Eine schöne Gelegenheit, sich mal wieder Friedrich Engels’ »Der deutsche Bauernkrieg« oder auch Ernst Blochs »Thomas Münzer als Theologe der Revolution« vorzunehmen. Für die literarische Bearbeitung der Täuferkommune zu Münster empfehlen wir Luther Blissets »Q«.
Die Bilder entstammen den wikicommons zu den entsprechenden Einträgen der wikipedia und sind dank ihres Alters gemeinfrei. Zu den aktuellen bäuerlichen Protesten liefern wir im Februar nach.