Corona-Nothilfe: Aufruf zur Unterstützung von Gesundheitsstation und Gemeinschaftsküchen in Indien

Corona-Nothilfe: Aufruf zur Unterstützung von Gesundheitsstation und Gemeinschaftsküchen in Indien

Das Gewerkschafter:innennetzwerk TIE Global ruft gemeinsam mit dem indischen Centre for Workers‘ Management (CWM) zur Nothilfe für schwer von der Corona-Pandemie betroffene Communities in Indien auf. TIE arbeitet seit vielen Jahren mit dem CWM zusammen, um gewerkschaftliche Kämpfe und Selbstorganisation von Arbeiter:innen in unterschiedlichen Branchen und entlang von Wertschöpfungsketten zu befördern. Die aktuell dramatische Pandemie-Lage verlangt jedoch schnelle Nothilfe. 

Wie ist die Lage in Indien?

Die COVID-19-Pandemie hat Indien in der zweiten Welle schwer getroffen. Die Sterblichkeitsrate ist im Vergleich zum letzten Jahr, als die erste Welle ihren Höhepunkt erreichte, um mehr als 350% angestiegen. Das unterfinanzierte, ressourcenknappe öffentliche Gesundheitssystem ist aufgrund des beispiellosen Anstiegs der Fälle zusammengebrochen. In einem Land mit extremer Einkommensungleichheit und einer Arbeitslosigkeit, die so hoch ist wie nie zuvor in den letzten 45 Jahren, sind es die arbeitenden Menschen, die unverhältnismäßig stark unter der Pandemie leiden. Bilder von in Flüssen treibenden Leichen sind der Beweis dafür.

Die indische Bundesregierung zeigt sich apathisch. Die regierende hindunationalistische BJP hat inmitten der Pandemie in sechs Bundesstaaten massive politische Versammlungen organisiert. Sie erlaubte auch das hinduistische Badefest in Haridwar, das Hunderttausende von Anhängern anlockte. Dies führte zu einem enormen Anstieg von Fällen und wirkte als ein Super-Spreader-Event im ganzen Land.

Schwarzmärkte für lebensrettenden Sauerstoff, Medikamente und andere lebenswichtige Güter sprießen wie Pilze aus dem Boden, ohne dass die Regierung irgendetwas dagegen unternahm. Die Regierung leugnet die Krise. Stattdessen greifen Fehlinformationen um sich und die Menschen wenden sich an Quacksalber, religiöse Führer und unwissenschaftliche Heilmethoden. Wir erleben einen Wettlauf gegen die Zeit, um Menschen vor einem Tod zu bewahren, der sicher vermieden werden könnte. Auf der anderen Seite verzweifeln die Menschen in den Städten und auf dem Land, da ihnen Nahrung und grundlegende Medikamente fehlen. Ohne Arbeitsplätze und jede Möglichkeit, diese in naher Zukunft zu bekommen, sind die arbeitenden Menschen und ihre Familien auf Unterstützung angewiesen. Wir sind der Meinung, dass wir in dieser Zeit der schweren humanitären Krise alle unterstützen müssen, die sich für die Versorgung der arbeitenden Bevölkerung mit Lebensmitteln und anderen Dienstleistungen einsetzen. Hierfür wenden wir uns an Euch um Unterstützung. Wenn wir gemeinsam handeln, können wir verhindern, dass dieser Virus noch mehr Leben fordert.

Unser Plan

Das Centre for Workers‘ Management arbeitet mit Beschäftigten und ihren Organisationen zusammen, um die Rechte der arbeitenden Menschen zu fördern. Trotz der Umbrüche in der Arbeitswelt im Zuge der gegenwärtigen Krise, ist das Gebot der Stunde die Nothilfe. Der aktuelle Kampf ist ums Überleben, um überhaupt einen weiteren Tag kämpfen zu können.

Gemeinsam mit anderen fortschrittlichen Organisationen haben wir in Delhi und Assam Gemeinschaftsküchen und Gesundheitsstationen organisiert. Beide Gebiete sind schwer von der Pandemie getroffen. Die Gemeinschaftsküchen stellen kostenloses, nahrhaftes Essen für die Ärmsten der Armen bereit. Die Gesundheitsstationen schulen Menschen im Umgang mit der Erkrankung, in der häuslichen Pflege, in der Herstellung von Masken und vermitteln an weitere Beratungsstellen.

Das CWM hat bereits mit seinem technischen Know-how dazu beigetragen, gebührenfreie Helplines einzurichten. So können notleidende Menschen Ärzt:innen kontaktieren. Im Bundesstaat West-Bengalen hat das CWM bereits Hilfsgüter verteilt. Das CWM unterstützt die arbeitenden Menschen und ihre Organisationen beim Zugang zu den knappen staatlichen Ressourcen.

Eure Unterstützung wird helfen, weitere Leben zu retten.

Bitte überweist eure Spende auf folgendes Konto:

TIE Internationales Bildungswerk e.V.

IBAN: DE76 5005 0201 0000 861 685

SWIFT/BIC: HELADEF1822

Überweisungszweck: „Humanitäre Hilfe Covid Indien“

Wir werden die eingehenden Spenden gebündelt überweisen.

express 03/2020 erschienen!

express 03/2020 erschienen!

Druckausgabe express 03/2020

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Peter Kossen: »Zwischen Schlachtbank und Container« – Zur Situation (süd-)osteuropäischer ArbeitsmigrantInnen in der Corona-Krise S. 3

Redaktion: »Corona-Splitter« – Schlaglichter auf die Krise S. 5

René Kluge: »Bewegung mit Recht« – Betriebliche Mitbestimmung bei der Pandemieplanung S. 7

»Wer? Wen? Wie? Was?« – Hinweise von DGB und WSI zu den Regeln für Kurzarbeit S. 8

Freddy Adjan: »Wir meinen das ernst« – Interview mit dem stellvertrenden NGG-Vorsitzenden über Strategien gegen Niedriglöhne in der Systemgastronomie S. 9

Wolfgang Völker: »Hartz IV hinter uns lassen – und dann?« – Lockerungsübungen gegen das System des Forderns und Förderns (Teil II) S. 10

ALSO: »Corona und Existenzsicherung« – Offener Brief der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg S. 11

Betriebsspiegel

»›Just in time‹ zu Tode gespart« – Gespräch mit Ellen Ost über die Konsequenzen der Ökonomisierung im Krankenhaus S. 1

»Die Krise gemeinsam bewältigen« – Offener Brief aus dem Uniklinikum Jena S. 2

»Notstand hausgemacht« – Betriebsgruppe Uns reicht‘s zu Corona und DRGs S. 3

»Im Risikobetrieb« – Gespräch mit Florian Fischer, Mitarbeiter bei Mercedes-Benz Rastatt über die aktuelle betriebliche Situation S. 4

»Virus in den Lernfabriken« – unter_bau an Überbau – Protest gegen ›business as usual‹ an Hochschulen S. 4

Internationales

»Revolutionäres Terrain« – Bewegungen und Besetzungen für eine säkulare Demokratie im Irak S. 12

Mira Ghalib: »Welle des Hasses« – Die Hintergründe des antimuslimischen Pogroms in Delhi S. 15

Rezension

Peter Kern: »History is Punk« – 100 Jahre Betriebsverfassung S. 16

Bildnachweise

Die Bilder dieser Ausgabe kommen aus Bagdad: Sie sind Teil der internationalen Arbeit der Gruppe »Workers against Sectarianism«, die die Proteste in der irakischen Hauptstadt mitträgt. Genaueres im Interview mit Sami Adnan ab Seite 12.

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

wir wissen gar nicht, wo wir anfangen sollen. Noch eine Woche vor der Produktion dieser Zeitung haben wir uns in relativ großen Zusammenhängen getroffen, mit unserem Trägerverein AFP e.V. und der erweiterten express-Redaktion die Zukunft dieses Projektes diskutiert und öffentlich mit Willi Hajek die Situation in Frankreich nach Gelbwesten und Rentenprotesten.

Schon zwei Tage später waren wir zurückgeworfen auf Homeoffice, Telefonkonferenzen und teilweise marginale Redaktionsarbeit zwischen der anfallenden Kinderbetreuung. Bis vor einer Woche hatten wir nur einen einzigen Text zum jetzt alles beherrschenden Thema eingeplant (Bewegung mit Recht, S. 7). Dann überstürzten sich die Ereignisse und die gesamte Konzeption der vorliegenden Ausgabe musste der Ak­tualität weichen. Die Fragen, wie es den KollegInnen in Industriebetrieben ergeht (Rastatt, S. 3), wie die MitarbeiterInnen in den »weißen Fabriken«, den Krankenhäusern, mit der Belastung umgehen (S. 1, 2, 3), wie der Sozialstaat auf die Krise reagiert (Kurzarbeitergeld, S. 8), wie Existenzsicherung jenseits des (reformierten) ALG II aussehen könnte (S. 10) – all das drängte sich plötzlich auf und ist doch schwer zu fassen, weil stetig in Bewegung.

Corona bringt einige Dynamiken des vergangenen Jahrzehnts – von Occupy und Arabellion bis zu den Gilets Jaunes und Chile (oder auch dem Irak, wo die Bilder dieser Ausgabe herstammen und das ausführliche Interview ab S. 12) – und damit verbundene Demokratisierungsprozesse notgedrungen zum Stillstand, allein schon, weil Versammlungen das Problematischste sind, was man sich aktuell vorstellen kann. Doch auch andere, weniger emanzipatorische Dynamiken werden gestoppt. Was wichtig, was »systemrelevant« ist, wird neu sortiert – die Hoffnung besteht, dass kein business as usual mehr möglich ist, für niemanden und nirgendwo auf dieser Welt.

Viele von Euch haben unsere »Expresso Doppio«-Kampagne wahrgenommen. Das Feedback ist beachtlich: Bereits mehr als 50 AbonnentInnen haben ihr Abo für ein Jahr verdoppelt. Besonders gefreut haben uns auch die vielen Neu-Abos, die darauf hinweisen, dass unsere LeserInnen nach Kräften Werbung »für die Sache« machen. Wir bedanken uns an dieser Stelle und weisen darauf hin, dass der versprochene Espresso kommt – angesichts der aktuellen Situation allerdings ein wenig später.

Im April pausieren wir, d.h., es wird kein express erscheinen. Das ist nicht der aktuellen Lage geschuldet, sondern länger geplant: Wir werden die Zeit nutzen, um weitere Pläne für die Zukunft des express zu schmieden. Im Mai lesen wir wieder voneinander. Bis dahin wünschen wir nicht nur eine anregende Lektüre, sondern natürlich und von Herzen auch eine gute Gesundheit.