express 01/2022 erschienen!

express 01/2022 erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Tobias Salin: »In the year 2030« – Bericht aus der Zukunft des Arbeitskampfs            1

Angela Bankert, Helmut Born, Jürgen Senge: »Enttäuschend« –Bewertung des TV-L  5

Clemens Melzer: »Gleiche Stulle, gleicher Tarif?« –Tariflöhne auf dem Bau                 8

Betriebsspiegel

»Work Watch braucht Unterstützung!« – Spendenkampagne 2021/2022               2

Christian Lelek: »Das Repertoire erweitern« – »Aktive Pause« im Arbeitskampf             10

Bewegung mit Recht

Rene Kluge: »Positiv bis problematisch« – Ampelregierung: Was ändert sich für Betriebsräte?            14

Politik & Debatte

»Letzte Option oder unverhältnismäßige Biopolitik?« – Eine Diskussion zur Impfpflicht – aus dem vdää                             6

Internationales

Alex N. Press: »Irgendeine Art von Störung« – Tarifbewegung der amerikanischen Docker                         9

Peter Scherrer: »Generalni Štrajk« – Schlaglichter aus Bosnien-Herzegowina  12

Re-Visited

Jean Paul Sartre: »Die Legende vom Missverständnis« – aus der Nullnummer des express international                    3

Redaktion express international: »Wir sind dafür« – das erste Editorial                3

Rezensionen

Wolfgang Völker: »Die gemischte Wohlfahrtsökonomie« – über das Buch »Community-Kapitalismus«                         13

Jens Kastner: »Praxis mit utopischer Ausstrahlung« – Geschichte der Solidarität                  15

Renate Hürtgen: »Das fehlende Band der Solidarität« – über das Buch »Unbedingte Solidarität«                              16

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

der Januar ist halb um, es fühlt sich komisch an, jetzt noch ein frohes neues Jahr zu wünschen. Zumal uns das als berufliche Schwarzmaler:innen sowieso nicht leicht von den Tasten geht.

Also lassen wir das und sagen lieber: Es hat begonnen, das Jahr des 60. Jubiläums des express! Wir haben viel vor und mit einigem davon wollen wir schon in dieser Ausgabe beginnen: Im Jahr 2022 wird euch in – hoffentlich – jedem express ein Artikel aus den vergangenen sechs Jahrzehnten begegnen, dem es sicher manchmal, aber seltener, als man denken würde, an Aktualitätsbezug mangelt. Ob das als Zeichen unseres guten Riechers oder als Ausdruck der Geschwindigkeit gesellschaftlicher Veränderung zu interpretieren ist, überlassen wir eurer Deutung. Der erste Blick zurück mit dem Editorial der Stunde Null und Ausführungen Sartres zur ideologischen Figur des Missverständnis (S. 3) mag einen zu so mancher Erkenntnis auch über die heutigen Verhältnisse anregen. Ähnlich vor- und zurück­blickend nähert sich Tobias Salin den gewerkschaftlichen Kämpfen um Arbeitszeit (S. 1).

Zur Einleitung des Betriebsratswahljahres wollten wir den Beitrag unseres Arbeitsrechts­experten René Kluge (S. 4) eigentlich mit einem ausführlichen Interview zur Überwindung betriebsrätlicher Grenzen durch exemplarisches Lernen mit unserem geschätzten Redaktions­mitglied Wolfgang Schaumberg garnieren, der selbst jahrelang im Betriebsrat bei Opel Bochum aktiv war und bis heute Mitglied der der Betriebsgruppe GOG ist. Leider müssen wir euch damit auf die nächste Ausgabe vertrösten – es ist angesichts der schieren Fülle des Stoffs einfach nicht rechtzeitig fertig geworden.

Ansonsten treiben uns wieder einmal nicht weniger als die ganz großen Fragen um: z.B. die nach der Solidarität und dem Gehalt eines Begriffes, der wider alle gesellschaftlichen Verhältnisse aktuell in aller Munde zu sein scheint. Er begegnet uns in dieser Ausgabe nicht nur bei der Diskussion um eine allgemeine und arbeitsplatzbezogene Impfpflicht (S. 6), sondern auch in den Rezensionen von Renate Hürtgen und Jens Kastner (S. 15 und 16) und in den Grundsatzüberlegungen zum »Community-Kapitalismus«, d.h. dem Umbau des Wohl­fahrtstaates von Silke van Dyk und Tine Haubner, die von Wolfgang Völker zusammen­gefasst und kommentiert werden (S. 13). Selbstredend werfen wir auch einen Blick auf die vergangenen (S. 5 und 8) und mit Alex N. Press und Christian Lelek auf die anstehenden (S. 9 und 10) Klassenkämpfe unserer Zeit, auch wenn diese sich teils mehr im ›Planungszustand‹, teils im Bereich guter Vorsätze befinden, teil erst sehr zaghaft am Horizont aufscheinen oder auch schon wieder verblasst sind.

Wo wir bei Solidarität sind: Die, geneigte Leserinnen und Leser, habt ihr im vergangenen Jahr mit dem express auch höchst materiell gezeigt: 32.361,41 Euro haben unsere Spenden­kampagnen eingebracht. Das ist eine immense Leistung und zeigt uns, wie wichtig der express für viele immer noch ist! Ebenso wie die knapp 90 Neuabos des Jahres 2021. Ganz gegen den Medientrend wächst unsere Leser:innenschaft zwar langsam, aber beständig.

Diesen Trend wollen wir in unserem Jubiläumsjahr noch verstärken. Anregungen von euch, geneigte Leserinnen und Leser, sind dabei stets willkommen und werden mit bedacht. Zunächst jedoch wünschen wir eine anregende Lektüre!

Bildnachweise oder: I would prefer not to…

Immer wieder werden wir gefragt, inwieweit die Bebilderung der Beiträge zu den Letzteren passt – nicht selten fühlt sich der eine oder die andere Autor:in dabei unpassend ›veranschaulicht‹ oder gar gefoppt. Deswegen ein (er)klärendes Wort dazu: Die Bildstrecken des express haben immer einen eigenständigen Charakter, unabhängig von den einzelnen Artikeln der jeweiligen Ausgabe und höchstens mit einem, manchmal augenzwinkernden, Bezug zu bestimmten Schwerpunktthemen. Wir stellen damit eine bestimmte Künstlerin, einen Zeich-ner oder Fotografen vor oder laden zu einer Ausstellung ein. Soweit möglich, sortieren wir die Bilder thematisch, oft ist das aber gar nicht möglich.

Die Begründung für die Wahl der Bilder dieser Ausgabe, die uns der Splitter-Verlag freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, ist einfach: Just Ende Dezember ist die von uns mit Spannung erwartete Grafic Novel »Bartleby, der Schreiber« erschienen. Der Untertitel dieses Bands, der mit mattem Grau-Braun die Melancholie der auf einer Novelle Herman Melvilles zurückgehenden Hauptfigur in Szene setzt, ist der zweite Grund: »Eine Geschichte aus der Wall Street«, Sinnbild einer verrückten Moderne, in der im Winter Erdbeeren zu kaufen sind, die Maßstäbe dafür, was richtig und falsch, moralisch oder amoralisch ist, abhanden gekommen scheinen, und niemand mehr weiß, was zu tun ist. Und der dritte Grund: Dieser fleißige, junge Angestellte mit seinen hervorragenden Referenzen und Manieren, Stolz seines Chefs und Vorbild seiner Kollegen, spricht nicht (mehr) – außer jenen einzigen Satz »Ich möchte lieber nicht«. Eine konkrete Verweigerung? Eine allgemeine Haltung? Ein Rückzug? Ein Angriff? Irrsinn? Oder Klarsicht? Wem oder was gilt dieses höfliche, aber bestimmte Statement, das nicht nur seinen Chef, sondern bald – so scheint’s – die ganze Stadt beschäftigt? Man kann sich vieles denken…

Ob das etwas mit dieser Ausgabe oder gar einzelnen Beiträgen zu tun hat? Hm.

»Bartleby, der Schreiber«, Zeichnungen: José Luis Munuera, Übersetzung Tanja Krämling, nach der Vorlage von Herman Melville, Splitter-Verlag 2021, 72 Seiten, 18 Euro, ISBN: 978-3-96792-168-7