express 10/2024 erschienen!
Inhalt
Gewerkschaften Inland
Mowa Techen, Anna Lena Habicht, Paul Brockmann und Franziska Löhnert: »Ein Gefühl wie eine Streikfamilie« – Gewerkschaftliche Erneuerung in Jena 9
Betriebsspiegel
Johannes Specht: »Von wegen ›einfach gut‹« – Zur Tarifrunde in der Systemgastronomie 8
Bewegung mit Recht
René Kluge: »Rechte Realität« – Die deutsche Wirtschaft positioniert sich. Was tun Betriebsräte? 2
Politik und Debatte
AG Wahlbeobachtung: »SPD – das neue Linksaußen« – Zu den Landtagswahlen in Brandenburg 10
Renate Hürtgen: »Rot-Lila ist das neue Schwarz« – Auch zu den Landtagswahlen in Brandenburg 11
Debt for Climate: »Kämpfe verbinden« – Für eine Staatsschuldenstreichung im Globalen Süden 14
IfS, Redaktion express u.a.: »Arbeit, Demokratie und menschliche Würde« – Oskar Negt revisited 16
Internationales
Peter Haumer: »Keine Experimente?« – Gedankensplitter zur Wahl in Österreich 3
Rezensionen
Gaston Kirsche: »Wir sind so frei« – Über ein Filmprojekt, das mehr anreißt, als es einlöst 7
Torsten Bewernitz: »Raus aus der Klasse, zurück in die Klasse« – Zur Geschichte des Instituts für Sozialforschung 13
Kurzes
Antipasti 6
Leserliches 8
Dringliches 14, 15
Editorial
Geneigte Leserinnen und Leser,
auch in dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mal wieder mit den Wahlen, nicht nur in Brandenburg (ab S. 10), sondern auch in Österreich (S. 3). Man könnte fast meinen, der express sei ein politikwissenschaftliches Fachmagazin, wäre da nicht die gezielte Frage nach dem Wahlverhalten von Lohnarbeitenden und Gewerkschafter:innen, die uns auch weiterhin und unabhängig vom Wahlzirkus beschäftigen wird.
Daneben sind wir in dieser Ausgabe im Betrieblichen recht gut aufgestellt: Kritische Metaller:innen beleuchten die aktuelle Metall- und Elektro-Tarifrunde (S. 4), Johannes Specht wirft einen Blick auf die Systemgastronomie (S. 8), Daniel Behruzi auf die Entlastungsbewegung am Hannoveraner Universitätsklinikum (S. 1) und endlich gibt es auch mal wieder unsere be- und geliebte Rubrik »Bewegung mit Recht« (S. 2).
Eigentlich sind wir mit dem Kopf aber gerade ganz woanders: express goes academic! (Na ja, manchmal ist ja eher die Frage, ob wir das nicht eh schon viel zu viel machen…) Und zwar mit einer Tagung zur Aktualität der Ansätze von Oskar Negt, gemeinsam mit dem Institut für Sozialforschung (S. 16). Das geht gewissermaßen »back to the roots«, auch wenn, wie express-Redakteur Torsten Bewernitz anhand der Jubel- und Jubilar-Literatur zum IfS darlegt (S. 13), diese eine Wurzel in der weit verzweigten Rhizomatik des express zumindest bei der akademischen Erbengeneration der Kritischen Theorie kaum wahrgenommen wird. Das ist wohl zu wenig wissenschaftlich…
Dabei sind wir tatsächlich, ganz anerkannt, ein wissenschaftliches Fachblatt. Unsere Autor:innen, soweit sie denn Mitglied bei der VG Wort sind, melden ihre Beiträge dort in der Rubrik »Wissenschaft«. Und deswegen gilt für Betriebsräte immer noch: Den express gibt es auf Kosten des Arbeitgebers! Er ist nämlich für die Bildung des Betriebsrats ab-so-lut notwendig, weil insbesondere die betriebsnahen Berichte sonst kaum zugänglich sind (zumindest nicht auf Papier). Das machen wir auch im Sinne von Ideen, wie sie u.a. Oskar Negt formuliert hat: Die Expert:innen der Arbeitswelt sind die Arbeiter:innen.
Damit schließt sich der Kreis zu dem wiederkehrenden Schwerpunkt »Wahlverhalten«. Denn, so haben Linus Westhäuser und Thomas Lux herausgefunden (S. 8), das Wahlverhalten der Arbeiter:innen ist durchaus davon abhängig, wie sie sich mit dieser sozialen Position identifizieren. Und es ist ein Unterschied um’s Ganze, ob diese Ansprache vom hohen Treppchen an »die da unten« gerichtet wird, wie mittlerweile auch im grün-sozialdemokratischen Milieu üblich – oder ob wir zumindest versuchen, eine selbstermächtigende Stimme im Interessenkonflikt abzubilden, oder mit Negt: proletarische Öffentlichkeit herzustellen. Das IfS war immer stark, wenn es diesen Erfahrungsaustausch (erneut: Negt) zwischen akademischer und proletarischer Öffentlichkeit alltagspraktisch hinbekam. Dazu tragen wir gerne bei.
Bleibt uns noch eine Gratulation: Die Contraste. Zeitung für Selbstorganisation wird 40! Mitte der 1980er Jahre war sie aus der Bewegung selbstverwalteter Betriebe heraus entstanden und steht seitdem dafür, die Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Der express wünscht dabei weiterhin gutes Gelingen!
Bildnachweis
Nachdem der express 9/2024 sehr international war, ist das Internationale im express 10/2024 dünn ausgefallen. Um das zu kompensieren, haben wir die Bildstrecke international gestaltet. Die Graphic Novel »Episodes from a colonial Present« führt uns in eine Vielzahl der Länder dieser Welt und sogar darüber hinaus. Die einzelnen Geschichten – denn es ist letztlich keine Novel, sondern neun kleine Novels – wurden jeweils in Kooperation von Wissenschafler:innen und Grafiker:innen komponiert. Sie beleuchten die Kolonialität des Alltags und das dekolonisierende Potenzial alltäglicher Kämpfe in den Räumen, Diskursen und Praktiken der sogenannten globalen »Entwicklung«. International ist die Bildstrecke auch, weil wir mit einem kanadischen Verlag kooperieren. Diesem, Daraja Press, gebührt unser Dank ebenso wie allen Beteiligten, insbesondere Daniel Bendix, der den Kontakt vermittelt hat.