Der express 9/2021 ist erschienen!

Der express 9/2021 ist erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhalt:

Gewerkschaften Inland

Stefan Schoppengerd: »Symptome und Kur« – Berliner Krankenhäuser in Bewegung 1

Anton Kobel: »Nach Applaus nun Reallohnabbau?« – Die Tarifrunde im Einzelhandel in Zeiten von Corona 6

»Bei allen Differenzen: keine Einschränkungen des Streikrechts« – Streik und GDL-Tarifabschluss bei der Deutschen Bahn AG 7

Stefan Schoppengerd: »Gleiche Arbeit in weniger Zeit?« – Wer Arbeitszeit verkürzen will, muss auch den Leistungsdruck begrenzen 8

Betriebsspiegel

René Kluge: »Gute Nacht, Gorillas GmbH« – Interview mit einem Fahrer des Lebensmittellieferanten 2

Christoph Wälz: »Voneinander Streiken lernen« – Berliner Gorilla Workers und GEW-Lehrer:innen im simulierten Erfahrungsaustausch 4

Politik & Debatte

Thorsten Schulten: »Mindestens mittelniedrig« – Beim Mindestlohn zeigen sich in aller Deutlichkeit zwei politische Lager 11

Harald Rein: »Hartz IV vor dem Ende?« – Transformation in alter Richtung, am Beispiel der SPD und der Grünen 12

Internationales

»HKCTU can’t stand no longer« – Gewerkschaftsbund Hongkong löst sich nach massiven Repressalien auf 3

Nadja Rakowitz: »Er kämpfte im Dezember« – Ein Nachruf auf Mikis Theodorakis (29. Juli 1925 – 2. September 2021) 14

Ralf Kliche, Nadja Rakowitz: »Neuer Autoritarismus« – Interview mit Jannis Milios über die Entwicklung von Regierung und Protest in Griechenland 16

Aus dem Ya-Basta-Netz: »Tren Maya made in Germany« – Die Deutsche Bahn und der Zug der Zerstörung 18

Heiner Dribbusch: »Und jetzt: Das Wahlergebnis« – Die Wahl von Sharon Graham als neuer Vorsitzender von Unite 19

Rezensionen

»Gebrüll von etwas Großem und Gefährlichem« – Der Sänger Ernst Busch in einer Comic-Biographie 3

David Pape: »Schreckgespenst Demokratie« – Gregoire Chamayou über »Die unregierbare Gesellschaft« 10

Rainer Holze: »Neue Facetten zur Arbeiterbewegungsgeschichte« – Neue Ausgabe von »Mitteilungen. Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung e. V.« 13

Peter Haumer: »Play it again, Sam« – Anatole Dolgoff über das Leben seines Vaters 20

Kurzgefasst

Antipasti 15

Bildnachweise

Die Bilder dieser Ausgabe sind dem Comic „Ernst Busch – Der Letzte Prolet“ entnommen, der von Jochen Voit getextet und von Sophia Hirsch gezeichnet wurde. Erschienen ist er im avant-Verlag, bei dem wir uns sehr herzlich für die Zusammenarbeit bedanken. Der Band wird in einer Rezension vorgestellt.

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir fünf Tage vor der Bundestagswahl; wenn der express in euren Briefkästen liegt, ist die Wahl schon Schnee von gestern. Es ist also schwer für uns, zu diesem aktuellen Thema zu berichten. Noch viel spannender als die Bundestagswahl (wer wohl mit wem hinterher?) finden wir es aber, wie denn eigentlich die Berliner:innen zum Thema Deutsche Wohnen & Co Enteignen abstimmen.

Das eine wie auch das andere werden wir in einer der kommenden Ausgaben noch ausgiebig kommentieren und aufarbeiten. Dass wir mal wieder – wie traditionell schon immer – »zwischen den Stühlen« sitzen, nur diesmal zeitlich, macht nicht viel aus, weil sich unser in der letzten Ausgabe geäußertes »Gefühl« natürlich bestätigt hat.

Es wurde nämlich in unmittelbarer Vergangenheit und aktuell viel gestreikt – Teigwaren Riesa hat historisch endlich einen Tarifvertrag abgeschlossen, nach Rechtsquerelen ging es mit viel Power an der Charité und bei den outgesourcten Kolleg:innen von Vivantes los (S. 1). Andere Rechtsquerelen prägten bis vor Kurzem die Streiks und Tarifverhandlungen zwischen Deutscher Bahn und GDL, und die Tarifrunden im Einzelhandel (S. 6) und im Öffentlichen Dienst laufen bereits; die Protestaktionen und unangemeldeten Streiks der Riders des »Einhorns« Gorillas beschäftigen immer noch viele – daher sogar zwei Beiträge zum Thema in dieser Ausgabe (S. 2 und 4).

Es wird einige sicherlich verwundern, dass vom express bislang noch gar nichts zum Streik der GDL zu lesen war. Das liegt wiederum daran, dass wir zwischen den Stühlen sitzen. Wir haben uns schwer damit getan, etwas Informativ-Aktuelles zum Thema zu schreiben, da vieles im Fluss war. Der Tarifabschluss überraschte uns in der Produktion dieser Ausgabe – ebenso wie ein Stapel von Streikzeitungen, die wir vor unserer Bürotür vorfanden. Soweit es die Logistik denn zugelassen hat, findet ihr daher neben einer redaktionellen Einschätzung zum GDL-Streik (S. 7) auch die zweite Streikzeitung des Unterstützerkreises als Beilage dieses express.

Zwischen den Stühlen sitzen noch zwei andere: Zum einen Noch-Redakteur Stefan Schoppengerd, den es beruflich aus unserem Frankfurter Büro nach Berlin verschlägt, zum anderen unsere zukünftige Redakteurin Karin Zennig, die ab der kommenden Ausgabe Stefans freien Stuhl in Frankfurt besetzen wird – wobei Stefan nicht ersetzbar ist, aber auch nicht sein muss: Denn unser ausgefeiltes Ehrenamtsmodell erlaubt ein weiteres Engagement auf dem durchgesessenen Sofa express – deshalb auch an dieser Stelle erstmal keine großen Abschiedsworte.

Obwohl bereits seit 85 Jahren sicherlich immer zwischen den Stühlen sitzend, sitzt fester als fast jeder andere auf diesem Sofa unser guter Genosse Edgar Weick. Eine ausführliche Würdigung von Edgars Wirken für das Sozialistische Büro und den express würde nicht nur den Rahmen des Editorials, sondern vermutlich die 20 Seiten dieser Ausgabe sprengen, deshalb verweisen wir für’s Erste auf die Youtube-Dokumentation der Tagung »50 Jahre Sozialistisches Büro« (2019), in der Edgar selber Geschichte und Geschichten aus den Sofaritzen pult.

Das aktuelle Streikgeschehen wollen wir dann in den famous last words – nicht Edgars, sondern dieses Editorials – auch Edgar überlassen: »Die Arbeiterklasse hat gestreikt, als es ihre Theoretiker für unmöglich hielten, und oft nicht gestreikt, als die Theoretiker von der Notwendigkeit eines Streiks überzeugt waren«, konstatierte er 1971. Bleibt nichts anderes übrig, als das Auge immer auf der wirklichen Bewegung zu haben. Dafür gibt es – bald seit fast 60 Jahren – den express. In diesem Sinne: Augen auf bei der Lektüre und im Alltag!

Der express 6/2021 ist erschienen!

Der express 6/2021 ist erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhalt:

Gewerkschaften Inland

Romin Khan: »In der Grube sind alle Kumpel gleich?« – Rassismus im Betrieb begegnet man nicht mit angeblicher »Farbenblindheit« 1

Heiner Dribbusch und Roland Kohsiek: »Generell streikbereit« – 20 Jahre ver.di – 15 Jahre Innovation im Arbeitskampf 4

Betriebsspiegel

Peter Nowak und Torsten Bewernitz: »Alle Macht den Rädern« – Robin De Greef analysiert die Proteste der Delivery Riders 3

Gaston Kirsche: »Toluol, Wechselschicht und Rotationsdruckmaschinen« – Betriebliche Erfahrungen in einem Tiefdruckunternehmen und der Niedergang der Branche 6

»Streikspuren« – Interview mit Olaf Berg über seine dreijährige Ausbildung in der Tiefdruckerei der Axel Springer Verlag AG in Ahrensburg 7

Bewegung mit Recht

René Kluge: »Jetzt erst recht!« – Betriebsräte für den Klimaschutz 9

Politik & Debatte

Robert Schlosser: »Von nichts kommt nichts« – Kritische Anmerkungen zur »Modern Monetary Theory« (MMT) 10

Michael Buckmiller: »Spontaneität und Organisation« – Zur Aktualität von Rosa Luxemburgs Denken 12

Harald Rein: »Wahrscheinlich unwahrscheinlich« – Antwort auf Peter Nowaks »Teil der Kämpfe« 15

Internationales

»Die Zapatistas kommen« – Wir Gewerkschafter:innen heißen sie willkommen! 16

Rezensionen

Wolfgang Völker: »Zurück zum Betongold« – Nicht nur karitativ: eine Publikation zu »wohnungspolitischen Herausforderungen« 8

Renate Hürtgen: »Danzig an der Weser« – Die Arbeitswelten auf der Werft ähnelten sich auch über den Eisernen Vorhang hinweg 14

Nachruf

Günter Pabst: »Michael Schwelien. 20. Oktober 1948 – 27. April 2021« 15

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

»das ist kein gewöhnlicher Streik: ein spontaner wildcat strike; überhaupt nicht ritualisiert; basisdemokratisch; alles in Bewegung« tweetet ak-Redakteurin Nelli Tügel hellauf begeistert aus Berlin, während wir an unseren Frankfurter Schreibtischen den express zusammenschustern. Auch der Social-Media-affine Teil der Redaktion wirkt etwas abgelenkt, weil er dauernd Neuigkeiten vom Protest der Riders des Berliner Startups Gorillas checkt.

So spannend das ist – Peter Nowak und Torsten Bewernitz gehen in ihrer Rezension des Buches »Riders unite!« kurz auf die aktuellen Geschehnisse ein (S. 2) – überlassen wir die brandaktuelle Berichterstattung anderen und empfehlen einen Blick auf die Homepage der analyse und kritik, wo die anwesenden Redakteur:innen ihre Erfahrungen dokumentieren. Von den eigenen Erfahrungen ausgehen – das macht auch Gaston Kirsche mit seinem Rückblick auf die Druckbranche der 1980er Jahre (S. 6). Nebenbei ist das auch ganz im Sinne der Genossin Rosa Luxemburg, die in dieser Ausgabe von Michael Buckmiller gewürdigt wird (S. 12).

Wie andere der in dieser Ausgabe vorliegenden Texte harrt auch eben dieser schon länger der Veröffentlichung. Wir befinden uns seit geraumer Zeit in der luxuriösen Lage, ein Überangebot an spannenden Texten vorliegen zu haben – etwa den zur Modern Monetary Theory (S. 10) von Robert Schlosser. Um der Frage, wo die Grenzen des »ideellen Gesamtkapitalisten« liegen, durch Staatsverschuldung die Macken des Marktes zu korrigieren, reichen aber nicht ein paar Zeilen. Und hier ist sie wieder, die leidige Ökonomie: Wir haben nur eine begrenzte Seitenzahl zur Verfügung. Wann immer das geht, drucken wir mehr, zuletzt in der Mai-Ausgabe. Das kostet, deswegen findet ihr dieser Ausgabe beiliegend einen sommerlichen Spendenaufruf.

Diesmal hat der express zwar nur die üblichen 16 Seiten, kommt aber dennoch mit zusätzlichem Lesestoff: Die Broschüre von Yanira Wolf ist unter dem Dach der Rosa Luxemburg Stiftung entstanden, die es auch möglich macht, dass sie als Beigabe unserer Zeitung den Weg zu Euch findet. Wir haben diese Broschüre nach Kräften unterstützt und freuen uns über diese exzellente Kooperation.

Wenn viel Text produziert wird, entstehen auch viele Fehler (vor allem, wenn man dauernd zwischendurch ins Internet guckt). In der Rezen­sion zu Wagenknechts »Die Selbstgerechten« im letzten express ging es u.a. um die Frage, aus welchen Schichten sich die Wähler:innen der AfD zusammensetzen. Im Umbruch ist uns ein entscheidender Satz abhandengekommen. Vollständig muss es heißen: »Laut Wahlnachbefragung der Forschungsgruppe Wahlen wählten 2017 18 Prozent der ›Arbeiter‹ und 11 Prozent der ›Angestellten‹ AfD. Letztere stellten jedoch 45 Prozent aller Wähler:innen und bildeten deshalb mit 38 Prozent die größte ›Wählergruppe‹ der AfD.«

Und: Wenn wir viel Text bearbeiten, können wir häufig nicht jede Änderung mit den Autor:innen abstimmen. Das gilt vor allem für in letzter Sekunde geänderte Titel und Untertitel. Bernd Gehrke nämlich wollte Marcus Böick keineswegs unterstellen, dass seine Forschungen in Gänze unwissenschaftlich seien – lediglich für ein Standardwerk über die Geschichte der Treuhand wollte er die Messlatte höher legen.

Die Messlatte höher legen wollen wir auch. Mehr express, besserer express. Mit eurer Hilfe, geneigte Leserinnen und Leser. Ein jeder und eine jede prüfe nun, ob dies in seinem/ihrem Sinne sei: erbauliche Lektüre!

Bildnachweise

Der Kanadier Guy Delisle ist unter Comic-Freund:innen bekannt für seine Reisereportage: Shenzen, Pjöngjang und Aufzeichnungen aus Jerusalem sind drei der Titel, mit denen er sich einen Namen gemacht hat. Der neueste Band, Lehrjahre, der Anfang des Monats im Verlag Reprodukt erschienen ist, nimmt die Leser:innen mit in die Jugend des Autors, in der er regelmäßig als Hilfsarbeiter in der örtlichen Papierfabrik anheuerte. Die Arbeit zwischen gigantischen Papierrollen, bestimmt für den Zeitungsdruck, war geprägt von Lärm und Hitze – allen Gefahren zum Trotz auch von großer Monotonie, die auch aus Delisles Zeichnungen spricht. Wir bedanken uns herzlich beim Verlag für die Überlassung der Bilder und verweisen zudem auf die Beiträge von Gaston Kirsche in diesem Heft, die die Arbeit in den Druckereien der 1980er Jahre zum Thema haben.

Guy Delisle: »Lehrjahre«. Klappenbroschur, 144 Seiten, zweifarbig, ISBN 978-3-95640-262-3, 20 Euro