express 06/2022 erschienen!

express 06/2022 erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Jakob Stengel: »Kollektiver Notruf« – Ein Monat Streik an den Uni-Kliniken in NRW       1

Günter Kaiser: »Streiken im Homeoffice?« – Zum Tarifabschluss in der privaten Versicherungswirtschaft 2022            6

Redaktion express, Johannes Specht: »Die unterschätzten Wahlen, Teil II« – Wasserstandsmeldungen aus ausgewählten Betrieben      8

Betriebsspiegel

Duygu Kaya: »Es gibt nur eine unterstützenswerte Seite« – Erklärung zum Streikrecht vor dem Arbeitsgericht Berlin   2

Mouna Maaroufi, Maria Seidel: »Institutionelle Hürden auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit« – Warum setzen wenige prekäre migrantische Beschäftigte ihre Arbeitsrechte durch? 4

Clemens Melzer: »Koalitionsfreiheit 2.0« – In Berlin vermehren sich nicht nur die »Worker Collectives«, sie vernetzen sich            7

Jörg Reitzig: »Zehn Jahre Schlecker-Pleite« – Von Frauen, die Geschichte schrieben         7

Politik & Debatte

AK Wahlbeobachtung: »Eine Mischung von Lokalkolorit und Genosse Trend« – Zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und NRW 9

Ingar Solty: »Rückschrittskoalition« – Zur Grundgesetzänderung für die 100 Milliarden Euro Neuschuldenaufnahme für die Aufrüstung    13

Internationales

AK Geschichte sozialer Bewegungen Ost West: »Der Krieg, die Ukraine und das Dilemma der Linken mit der Solidarität« – Veranstaltungseinladung   13

Forum Arbeitswelten: »Wenig Luft zum Atmen, noch weniger Raum für Bewegung« – Ein Brief aus Guangzhou     14

Re-Visited

Maurice Schuhmann, Mark Mence: »Jedenfalls für einen historischen Wimpernschlag lang« – Im Gespräch mit Renate Hürtgen, Gründungsmitglied der Initiative für eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung (IUG) in der DDR    10

»Belogen und betrogen« – Demokratisierung der Gewerkschaften in der DDRBRD (1989)           12

»Aufruf zur Gründung unabhängiger Gewerkschaften« (1989)        12

Rezensionen

Torsten Bewernitz: »Prekäres Panorama« – Virginie Despentes‘ Vernon Subutex als Graphic Novel        16

Kurzes

Antipasti     8, 12

Redaktion express: »Vom Begehren nach einer anderen Freiheit getragen« – Einladung zur Jubiläumskonferenz des express am 8. Oktober 2022           12

Bildnachweise

Bebildert haben wir den aktuellen express mit Panels aus der Graphic Novel „Vernon Subutex I“ von Virginie Despentes und Luz. Eine ausführliche Rezension dazu findet sich auf der Rückseite dieser Ausgabe (S. 16) – wir danken Verlag, Autorin, Zeichner sowie Filip Kolek, unserem stets zuverlässigen Vermittler in Sachen Graphic Novel!

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

Katerstimmung in der Redaktion? Es fühlt sich ein wenig so an, obwohl wir doch unser gerade »offiziell« begangenes Jubiläum noch gar nicht gefeiert haben. Möglicherweise hängt das mit dem Besuch diverser linker oder anarchistischer Buchtage oder -messen zusammen, die sich anfühlen, als hätten wir bereits gefeiert.

Das haben wir, wie schon öfter erwähnt, am 8. Oktober mit euch vor. So langsam konkretisieren sich unsere Pläne, eine erste und ausführliche Einladung findet ihr in dieser Ausgabe (S. 12).

Vielleicht ist der Kater aber auch einfach ein gesamtgesellschaftlicher, der sich aus dem Frust über Krieg da und Militarisierung hier (S. 13), der Unklarheit über den Fortlauf der Pandemie und die geeigneten Mittel dagegen (S. 14) oder den Irrfahrten zwischen Redaktionsbüro und Homeoffice mit dem 9-Euro-Ticket speist – während andere linke Zeitungsredaktionen (so haben wir läuten hören) mit neuen Corona-Ausbrüchen zu kämpfen haben, ist die Produktion an dieser Ausgabe mal wieder prekär, weil einzelne Redakteur:innen von der verlässlich für Überraschungen und unbezahlte Mehrarbeit sorgenden Hochschule und ihrer bei einem namhaften Softwareentwickler aus der Nähe von Heidelberg eingekauften »IT« ihrer Mails beraubt wurde, während andere ohne WLAN im Schienenersatzverkehr durch Südhessen bummeln. Soll ja schön sein.

»Alles bleibt wie immer, bloß schlimmer«, formulierte einst Bernd das Brot in einer Neujahrsansprache. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt und es gibt auch gute Nachrichten: Der ungebremste Streikwille der Krankenhaus-Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen etwa (S. 1) oder die Vernetzungstendenzen der Rider in Berlin (S. 7) oder das, was daraus an neuen Infragestellungen des Streikrechts entsteht (S. 2).

Zu den guten Nachrichten gehört auch das mediale Feedback auf 60 Jahre express: Sehr gefreut hat uns der Beitrag von Sebastian Friedrich in Der Freitag (Nr. 22, 2. Juni 2022, S. 12) – nachzulesen auf der Homepage des Hausblatts des Linksliberalismus – und gerüchteweise lohnt sich diesbezüglich auch ein Blick auf die letzte Seite der parallel zu diesem express erscheinenden analyse und kritik (so haben wir ebenfalls läuten hören).

Aber genug vom Optimismus des Willens und zurück zum Pessimismus des Verstandes, um mal mit Antonio Gramsci zu kommen: Mediales Feedback in allen Ehren und wir freuen uns über eine vergleichsweise hohe Zahl von neuen Abonnent:innen, allein unser Spendenaufruf verhallt in diesem beginnenden Sommer bislang relativ ungehört. Da geht noch mehr, geneigte Leserinnen und Leser.

Bevor jetzt die älteren Leser:innen ihren Stift und ihr Scheckheft zücken und sich die jüngeren Leser:innen fragen, was das denn eigentlich ist, ein Scheckheft, wünschen wir aber zunächst eine erbauliche Lektüre – am besten im Sonnenstuhl mit einem kühlen Getränk in der Hand!

Der express 10/2021 ist erschienen!

Der express 10/2021 ist erschienen!

Gesamtausgabe zum Download

Inhalt:

Gewerkschaften Inland

Marvin Hopp: »Zum Auftakt eine Besetzung« – Tarifrunde der Länder 3

Szabolcs Sepsi, Anna Szot: »Das Arbeitschutzkontrollgesetz in der Praxis« – Eine erste Bilanz 6

Anton Kobel: »Vorteil Kapital« – Tarifverhandlungen im Handel 11

Betriebsspiegel

Stefan Schoppengerd: »Durchhalteermöglichungssolidarität« – Aktueller Stand der Krankenhausbewegung 2

Tobias Salin: »Betriebsbegehung« – Beteiligung statt Freistellung 5

ALSO: »Die Lage der überausgebeuteten Klasse« – Zur Situation in der Fleischindustrie 8

Torsten Bewernitz: »Diverse Streiks« – Auseinandersetzungen bei Gorillas 10

»Auf den letzten Metern« – Karin Zennig im Gespräch mit Tina Morgenroth über Amazon 12

Politik & Debatte

AG Wahlbeobachtung: »Ein politischer Klimawandel?« – Zur Bundestagswahl 14

AG Wahlbeobachtung: »Wahlverhalten der Gewerkschaftsmitglieder« 16

AG Wahlbeobachtung: »Wo und wie sonst noch gewählt wurde« – Berlin und Mecklenburg-Vorpommern 17

AG Wahlbeobachtung: »Der Lichtblick« – Volksentscheid Vergesellschaftung in Berlin 17

»… da habe ich gesagt, da müssen wir hin!« – Gespräch mit Edith Marcello 18

»Remaking Class and Gender« – Vier Fragen an Gaby Babić 19

Karin Zennig: »Kein Friede, nirgends« – Aktionstag gegen Waffenhandel

Bewegung mit Recht

René Kluge: »Money for nothing?« – Betriebsratsgehälter: Zu hoch oder zu niedrig? 4

Internationales

Isabella Consolati: »Coronaproteste und falsche Freunde« – Rechtsextremer Angriff auf CGIL 1

Rezensionen

Heiner Dribbusch: »Von gesellschaftlich notwendiger Arbeit« – Berichte aus der Klassengesellschaft 13

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

ein bisschen Enthusiasmus, bitte: Am 13. Oktober 2021 ist Captain Kirk ins Weltall geflogen. Wirklich und in echt!

Und nun ist auch gut mit Enthusiasmus, werden wir mal wieder historisch-materialistisch: Erstens war es ja gar nicht Captain Kirk, der ins All geflogen ist, sondern der 90-jährige Schauspieler William Shatner, zweitens hieß das Raumschiff nicht Enterprise, sondern New Shepard, drittens dauerte die Mission nicht fünf Jahre, sondern lediglich zehn Minuten, und viertens flog das Raumschiff nicht im Auftrag einer quasisozialistischen Planetenföderation, sondern im Auftrag des kommerziellen Unternehmens Blue Origin, das einem gewissen Jeff Bezos gehört. Zwanzig ehemalige und auch aktuelle Mitarbeiter:innen dieser Firma hatten erst kurz zuvor davor gewarnt, mit Blue Origin zu fliegen.

Grund für diese Warnung waren eklatante Sicherheitsmängel. Die Kritik der ehemaligen Bezos-Intimen geht aber weit darüber hinaus: Die Atmosphäre sei toxisch, sexistisch, dazu auch noch ökologisch bedenklich. Burnout sei Teil der Arbeitsstrategie, Kritik bei Betriebsversammlungen müsse man persönlich vor Vorgesetzten rechtfertigen. Das Entscheidende: Bei Blue Origin werde ein Arbeitsklima kultiviert, das „das Schlechteste in unserer heutigen Welt zum Vorschein bringt“.

Was für Blue Origin gilt, gilt natürlich auch für amazon. Karin Zennig spricht in der vorliegenden Ausgabe mit Tina Morgenroth, Co-Autorin der Studie „amazons letzte Meile“ (S. 12), auch das in Bälde bei uns rezensierte Buch „Das Prinzip amazon“ von Sabrina Apicella legt den Finger in die gleiche Wunde.

Captain Kirk – Verzeihung – William Shatner übrigens beschreibt seine Weltall-Erfahrung so: „Was ich wirklich jedem sagen will, ist, wie gefährdet und zerbrechlich alles ist“ (Spiegel, 14. Oktober 2021). Gefährdet? Zerbrechlich? Die Soziologie spricht bei sowas von „Prekarität“. Gefährdet und zerbrechlich sind nicht nur die Mitarbeiter:innen von Blue Origin und amazon, sondern auch die Pflegenden in den Krankenhäusern (S. 3), die Riders von Gorillas (S. 10), die Einzelhandelsbeschäftigten (S. 11), die studentischen Hilfskräfte (S. 2)… Aber sie alle wissen sich zu wehren, ob mit oder ohne Betriebsrat.

Prekär bleibt auch die Existenz des express in seinem 59. Jahr. Aber auch wir wissen uns zu helfen: U.a. mit dem Spendenaufruf, der der aktuellen Ausgabe beiliegt. Und ob wir auch wandern in finsterem Tal, ganz hoffnungslos ist die Situation nicht – Eure Unterstützung, geneigte Leserinnen und Leser, ist schon jetzt erfreulich. In diesem Sinne verabschieden wir uns mal wieder bis Ende November mit einem herbstlichen: Frieden und ein langes Leben! Ps.: Nicht vergessen: Entwaffnet Heckler&Koch, Rheinmetall und all die anderen! (S. 20)

Bildnachweise

a common visual language

A common visual Language ist 2012/13 als Abschlussarbeit des Bachelor-Studiums visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee entstanden. Massenproteste und Besetzungen von öffentlichen Räumen überall auf der Welt hatten in dieser Zeit Hochkonjunktur. Ausgehend von Tunesien schwappte eine Protestwelle durch den Maghreb; ein paar Monate später füllten sich die Puerta del Sol in Madrid und der Syntagma-Platz in Athen mit Menschen und Tränengas. Die Occupy-Bewegungen in den Vereinigten Staaten hatten eine hohe Strahlkraft in viele Teile der Welt: Zypern, Portugal, Bulgarien, die Türkei, Brasilien. Die Proteste und Bewegungen beziehen sich solidarisch aufeinander, tauschen digitale Nachrichten aus und stellen grundlegende Fragen der gesellschaftlichen Organisation neu: Was ist die Verbform der Demokratie? Wie kann ein Arbeitsloser streiken? Was ist der Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit? Wie funktioniert die Vergemeinschaftung? Warum gehen wir davon aus, dass Identität ein singuläres Thema ist? Das Wörterbuch einer gemeinsamen visuellen Sprache ist ein Ausgangspunkt, von dem aus Fragen der Protestbewegungen auf der Grundlage bestehender Bilder und subjektiver Bewertungen visualisiert werden.

Als Teil der Mobilisierung zu Blockupy Frankfurt 2012 stand Lena Ziyal in engem Austausch mit Aktivist:innen der Krisenproteste in verschiedenen süd- und osteuropäischen Ländern. Während einer Vielzahl von Konferenzen, Austauschtreffen und virtuellen Zusammenkünften ist der Wunsch nach einer gemeinsamen Sprache wiederholt aufgetaucht. Lena Ziyal hat im Kontext der gemeinsamen politischen Arbeit insgesamt 50 Begriffe herausgefiltert, die konstitutiv für die Debatten der damaligen Bewegungen waren. Zu jedem dieser Begriffe hat sie Symbole erschaffen, die nicht nur vorhandene Diskussionen abbilden, sondern zugleich einen Beitrag darstellen. Die Weiterentwicklung und kritische Fragestellungen standen für sie im Zentrum ihrer Arbeit.

Lena Ziyal ist Illustratorin und Grafikdesignerin. Als Teil der kollektiv geführten Agentur für Content- und Grafikdesign Infotext beschäftigt sie sich mit der visuellen Interpretation komplexer Inhalte. Bevor sie sich Infotext anschloss, arbeitete sie als freie Grafikdesignerin und visuelle Künstlerin in Berlin und Istanbul. Sie absolvierte den Studiengang visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und studierte darüber hinaus an der Universität der Künste (Kunst im Kontext, Berlin) und an der Marmara Universität (grafische Künste, Istanbul). Im Studio Mustafa Yildirim (Istanbul) und im Atelier Saeed Ensafi (Teheran) vertiefte sie ihre Fähigkeiten im Bereich Zeichnung und Druckgrafik.