express 2/2024 erschienen!

express 2/2024 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Timo Daum und Theresa Pfaff: »Die IG Metall muss mehr wollen« – Zum Transformationsverständnis der IG Metall 3

Daum/Pfaff: Die IG Metall muss mehr wollen. Für eine digital-elektrische Mobilitätsindustrie, Dezember 2023 (kompletter Beitrag)

Wolfgang Schaumberg: »Kadaverkehrswende« – Kommentar zu »Die IG Metall muss mehr wollen« 3

Heiner Dribbusch: »Silberstreifen am Horizont?« – Mitgliederentwicklung der Gewerkschaften 2023 4

Ulrich Maaz: Gewerkschaftsspiegel aktuell 5

Anton Kobel: »Anfang und (kein?) Ende in Sicht!« – Tarifrunde Einzelhandel seit fast einem Jahr 6

Sybille Güniker: »Sagt mal, geht’s noch?« – Redebeitrag der IGM-Jugend Frankfurt gegen Rechts 12

Betriebsspiegel

Gregor Kritidis: »Arg muss sich der Bauer quälen« – Agrarkrise, Höfesterben und Bauernproteste 8

Anton Kobel: »Die Kaufhäuser denen, die sie brauchen!« – Wie weiter mit Galeria Kaufhof Karstadt? 11

Bewegung mit Recht

René Kluge: »Soll der Betriebsrat beim Klimaschutz mitbestimmen?« 10

Politik und Debatte

Eike Sanders: »Umdeuten, auslöschen, disziplinieren« – Antifeminismus im Mainstream und in der (extremen) Rechten 1

Lia Becker, Atlanta Ina Beyer und Katharina Pühl: »Zeit, zurückzubeißen« – Plädoyer für intersektionale, queere Klassenperspektiven 7

Internationales

Cedric Büchling: »Eine (nicht) besetzte Fabrik« – Zu Besuch bei ex:GKN in Florenz     13

Renate Hürtgen: »Wo steht die gewerkschaftliche Linke nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine?« – Wie gut sind wir auf die kommenden imperialen Kriege vorbereitet? 14

Nachrufe

Rainer Erd, Wolf Gunter Brügmann-Friedeborn, Walther Müller-Jentsch, Richard Ullmer: Erinnerungen an Otto Jacobi (1938 – 2024) 16

Jörg Reitzig: »Flüchtling, Gewerkschafter, politischer Intellektueller« – Was Linke von Oskar Negt (1934 – 2024) lernen könnten 19

Kurzwaren

Info aus der Verwaltung  2

Vermischte 9, 18

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

traditionell ist die Februar-Ausgabe des express geprägt von feministischen und queeren Posi­tionierungen und Beiträgen. Mit der Tradition ist das so eine Sache: Man könnte sie für reine Makulatur halten, denn wir machen das natürlich, weil die Februar-Ausgabe die am 8. März aktuelle ist. Und uns ist sehr bewusst, dass eine Betonung des Feminismus am oder zum 8. März nur ein welkes Feigenblättchen wäre.

Deswegen ist es vielleicht auch nicht weiter schlimm, dass wir heuer mit dieser Tradition bre­chen. Denn diese Ausgabe des express steht im Zeichen alter, weißer Männer. Namentlich zwei von ihnen: Otto Jacobi (S. 16–18) und Oskar Negt (S. 19, 20). Jörg Reitzig zeigt, wie le­bendig die Arbeit mit Oskar Negts Überlegungen heute noch ist und weiter sein kann. (S. 19) Zu unserem ehemaligen Redakteur Otto Jacobi erreichten uns persönliche Erinnerungen, die wir euch, geneigte Leserinnen und Leser, auch deswegen ans Herz legen, weil sie ein Blick in die Geschichte dieser Zeitung und ihrer/unserer Anliegen sind – letztlich dann doch ein An­schluss an Tradition …

Ergänzend empfehlen wir aus diesem Anlass den Bericht von Otto Jacobi auf unserem You­tube-Kanal. Für beide Persönlichkeiten ist das letzte Wort im express noch nicht gedruckt – wir werden uns in der nächsten Ausgabe weiter mit dem Erbe auseinandersetzen.

Selbstverständlich fällt der 8. März nicht ganz unter den Tisch: Eine erfrischende Perspektive zeigen uns die Herausgeber:innen des demnächst erscheinenden Sammelbandes »Bite back. Queere Prekarität, Klasse und unteilbare Solidarität« (Edition Assemblage, Münster 2024), dessen Vorwort wir vorab in Auszügen abdrucken (S. 7). Und Eike Sanders lenkt unseren Blick auf die Zusammenhänge der Neuen Rechten und des Antifeminismus (S. 1).

Dies ist die letzte Ausgabe des express, die vom Berliner Zeitungsdruck gedruckt wird. Das Traditionshaus schließt seine Pforten zu Mitte März, die nächste Ausgabe werden wir bereits bei Union Druck drucken lassen. Wenn es etwas holprig wird im Übergang, bitten wir also schon mal vorab um Entschuldigung. Damit aber auch zurück zu zumindest etwas älteren Männern: Wir bedanken uns beim ganzen Team des Berliner Zeitungsdruck (das sind natür­lich nicht nur Männer) für die langjährige sehr gute Zusammenarbeit, insbesondere aber bei unserem Ansprechpartner Ulrich Ebersbach, der trotz regelmäßiger Lektüre einer Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Tag und Nacht und Wochenende ansprech­bar war (und auch mal anrief): Ihm, geneigte Leserinnen und Leser, habt ihr es zu verdanken, wenn ihr außer der Reihe aufgrund einer spontanen Idee der Redaktion mal wieder 20 statt 16 Seiten lesen oder eine Farbseite mehr als geplant genießen konntet.

So auch dieses, ein letztes Mal. Erneut haben wir angesichts der Textmenge außerplanmäßig 20 Seiten produziert. Mit diesen wünschen wir nun eine anregende Lektüre. Und, ob alte wei­ße Männer oder nicht: Feminism is for everyone.

Bildnachweis

»Am Anfang sagte ich, ich erinnere mich an nichts.« So beginnen die Aufzeichnungen der Geschichte von Emmy Arbel, die die Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin in der Graphic Novel »Die Farbe der Erinnerung« (2023) über drei Jahre in Gesprächen gemeinsam mit der ehemaligen KZ-Insassin erarbeitet, (wieder) hervorgebracht und der sie zeichnerisch zum Ausdruck verholfen hat. Der Umgang mit Farbe und Chronologie sind eine Reflexion auf die Mühen, Abgründe, Aufbrüche in diesem Erinnerungsprozess, in dem sich Forschung, Bezie­hungs- und Traumaarbeit so verbinden, dass aus der gemeinsamen Verarbeitung des Gewese­nen eine andere Gegenwart entsteht. Für alle Beteiligten. Und so gelingt es, nicht nur deutlich zu machen, dass der Gedanke, der »Holocaust habe mit dem Kriegsende 1945 sein Ende ge­funden« (Nachwort der Herausgeber:innen) sich in der ganzen Willkür dieser bemühten Zäsur zeigt. Es gelingt auch, die befreienden Momente überhaupt erst entstehen zu lassen – bis hin zur Entscheidung Emmys zu sprechen: »Wir haben nicht überlebt, um Opfer zu bleiben«. Nicht zuletzt damit wird aber auch deutlich, dass die Menschen Subjekte ihrer Geschichte sind – so oder so.

Wir gratulieren dem Reprodukt-Verlag zu diesem wunderbaren Buch – und danken herzlich für die Überlassung der Illustrationen, die hoffentlich viele von Euch einladen, ›die ganze Ge­schichte‹ zu lesen.

Barbara Yelin, Emmie Arbel: „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“, Reprodukt 2023, 192 Seiten, farbig, 19 × 25 cm, Hardcover, 29 Euro, ISBN 978-3-95640-396-5


express 06/2023 erschienen!

express 06/2023 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Andreas Bachmann: »Die unendliche Geschichte« − (Kein) Equal Pay in der Leiharbeit      1

Erhard Schleitzer: »Truck Stop II« − Wie weiter nach dem Streik in Gräfenhausen? 2

express-Redaktion: »Erneuerung durch Streikkonferenzen?« − Ein Reisebericht von der RLS-Konferenz in Bochum 4

Heiner Dribbusch: »In trockenen Tüchern« − TVöD-Abschluss bei Mitgliederbefragung gebilligt 6

Betriebsspiegel

Marco Hamann: »Blick zurück von vorn« − Erfahrungen in der TVöD-Auseinandersetzung bei den Verkehrsbetrieben in Leipzig       6

Kommunalinfo Mannheim: »Tatort BASF, eine Spurensuche« − 87 Mrd. Euro Umsatz, 6,8 Mrd. Euro Gewinn vor Steuern, aber keine Lust auf Steuern und Entschädigungen 8

Tobi Rosswog: »It’s our Life«, genau! − Impulsrede auf der Aktionärsversammlung von VW 11

Mathias Grabow: »Was tun, wenn Intel kommt?« − Chancen und Herausforderungen der gewerkschaftlichen Arbeit bei der geplanten Intel-Ansiedlung in Magdeburg       12

Politik & Debatte

Karen Spannenkrebs: »Wir sind keine Handelsware« − über die Rekrutierung von Fachkräften im Gesundheitswesen       19

Internationales

Jochen Gester: »Müssen wir den Krieg gewinnen?« − Kommentar zum Interview mit Vitali Dudin       3

Julia Kaiser: »Industrielle Konversion in Campi Bisenzio?« − Herausforderungen des ökologischen Umbaus der Ex-GKN Fabrik in der Toskana       14

Streiksolibündnis Leipzig: »Amazon zahlt und liefert nicht« − Ein Bericht der Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (Arbeiterinitiative) über die Hindernisse auf dem Weg zum Streik in Polen       16

Johannes Specht: »Fight for $15« − Gespräch mit Nicholas Allen von der SEIU       17

Rezensionen

Torsten Bewernitz: »Auf kleiner Flamme« − über Jule Ehms Versuch, dem Anarchosyndikalismus auf den Grund: nämlich den Betrieb, zu gehen       10

»Ethnisierter Nationalismus« − Peter Nowak* rezensiert Matthias Thadens Buch über exilkroatischen Rechtsextremismus       20

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

und schwups, da war er weg, der ganze schöne Enthusiasmus von der Bochumer Streikkonfe­renz: die ganze positive Power verwandelte sich Ruckzuck in negative Wut, als die bundes­weiten Hausdurchsuchungen bei der »Letzten Generation« öffentlich wurden.

Dabei sind wir aus zwei Gründen ja gar keine guten Freund:innen der »Letzten Generation«: Erstens bleiben ihre Forderungen – siehe da – etwas zu handzahm und decken sich eigentlich mit dem Koalitionsprogramm der Ampel-Regierung (Nachhaltigkeit, Ausbau Erneuerbarer, 9-Euro-Ticket, Tempolimit …), und wehren sich im Wesentlichen nur gegen das Tempolimit bei der Umsetzung. Zweitens finden wir ihre Methoden nicht wirklich geeignet, um dem Ansin­nen einer klimagerechten Transformation zu einer breiten Basis zu verhelfen.

Unsere Empörung hat einen anderen Grund: die sehr fix erledigte Entsorgung der Gewalten­teilung. Dass die bayrische Staatsanwaltschaft in enger Kooperation mit der Polizei – also der Exekutive – direkt mal eine kriminelle Vereinigung nach Paragraph 129 StGB konstruiert, lässt für die Zukunft der Demokratie hierzulande und woanders (Repression gegen die Kam­pagne »Aufstände der Erde« in Frankreich, Erschießung einer Aktivistin gegen die »Cop City bei Atlanta, USA) Böses ahnen. Die Dreistigkeit, mit der demokratische Prinzipien über Bord geworfen werden, um gegen eine Erweiterung der Demokratie vorzugehen, zeigt uns, dass wir die Schildkrötenkrallen (ja, Schildkröten haben Krallen!) ordentlich schärfen müssen. Das zu­nehmende Unternehmer-Krakele für eine Einschränkung des Streikrechts weist ganz grund­sätzlich in dieselbe Richtung.

Aber wie heißt es doch so schön? »Wandelt Wut in Widerstand!« Dass sich mit 1.550 Besu­cher:innen der Streikkonferenz in Bochum die Teilnehmerzahl im Vergleich zur letzten Kon­ferenz in Braunschweig 2019 nahezu verdoppelt hat, lag u.a. auch daran, dass sich eine neue, junge Generation von Klimaaktivist:innen für Betrieb und Gewerkschaft zu interessieren be­ginnt. Die Redaktion lässt in einer eigenen Reflexion die Erfahrungen der Konferenz Revue passieren (S. 4) und Johannes Specht steuert ein Interview mit dem SEIU-Kampagnenleiter der »Fight for $15«-Kampagne Nicholas Allen bei, der auf der Konferenz zu Gast war (S. 17).

Es gibt bereits kritische Stimmen, die den Enthusiasmus der Streikkonferenz verfrüht finden. Aber, um den Enthusiasmus zu befeuern, noch eine Streiknachricht: In den USA streiken zur Zeit die Drehbuchautor:innen. Als das vor etwa einem Jahrzehnt das letzte Mal geschah, hat uns das im Nachklapp Streikfolgen ungekannter Art beschert: In diversen Serien wurde das Thema eingebaut. Auch diesmal wieder vorne dabei: Unser Lieblingsteam von Startrek. Schön, dass Tasha Yar, Seven of Nine und Beckett Mariner in der Picket Line zu entdecken sind. In diesem Sinne, geneigte Leserinnen und Leser, verbleiben wir bis zur kommenden Ausgabe mit dem Wunsch einer angenehmen Lektüre und einem beherzten »Engage!«

Bildnachweis

Mit der Bildstrecke reisen wir dieses Mal zu den Abgründen der Rohölgewinnung, nämlich in die Ölsandfelder Westkanadas, wo die Industrie seit Jahren Landschaft abträgt und Erde vergiftet. In ihrer autobiographischen Erzählung führt uns Kate Beaton zurück ins Jahr 2005, als sie 22jährig beschloss, ihr Studiendarlehen durch einen Job in einer »Werkzeugbutze« abzuarbeiten. Aus ihrem zweijährigen Beschäftigungsverhältnis berichtet sie über den Raubbau an der Natur, über unwürdige Arbeitsbedingungen sowie über geschlechts­spezifische Gewalt in einer männlich dominierten Arbeitswelt. Wir danken dem Verlag für die Bildüberlassung!

»DUCKS – Zwei Jahre in den Ölsanden« von Kate Beaton, Reprodukt u. Zwerchfell 2023, 448 Seiten, zweifarbig, Hardcover, 29 Euro, ISBN 978-3-95640-383-5