express 9/2023 erschienen!

express 9/2023 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Andreas Bachmann, Heiner Dribbusch: »Begeisterung sieht anders aus« – Die EVG-Tarifrunde bei der Deutschen Bahn 6

Ulrich Maaz: »Nachholbedarf und Tarifkonkurrenz« – Ausblick auf die Tarifrunde der Länder 16

Betriebsspiegel

Karsten Weber: »Gräfenhausen reloaded« – Die Lieferketten reißen nicht 1

Gaston Kirsche: »Ene Besuch im Zoo…« – Streik im Hamburger Tierpark Hagenbeck 8

Politik & Debatte

Peter Kern: »Großer Zaster, kleines Geld« – Über Kinder, Kapital und Christian Lindner 5

Slave Cubela: »Gefangene unserer Traumata« – Warum Gewalt gegen die Linke viel mit ihrem jetzigen Zustand zu tun hat 2

AK System Change: »Her mit den Konzepten für System Change!« – Einladung zu einer neuen Sozialismus-Diskussion 10

AG Feministischer Streik Kassel: »Thesen für den feministischen Streik« – Wie entfaltet sich das Potential des feminsitischen Streiks? 12

Internationales

Heiner Dribbusch: »Streikrecht weiter verschärft « – Nach langen Debatten wurde das Streikrecht in Großbritannien »reformiert« 14

Rezension

György Széll: »Sozialpartnerschaft als Brandmauer?« – Über einen Sammelband zu Gewerkschaften und Rechtspopulismus 9

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

sogenannte Sommerlöcher sind ja in der Regel gar keine. Es gibt keinen Mangel an Themen, nur sind alle, die darüber schreiben könnten, irgendwo in Urlaub. Als Redaktion schwitzen wir deswegen immer ein wenig, ob wir denn genügend Stoff bekommen, um die erste Herbstausgabe zu füllen.

In diesem Jahr war das allerdings kein Problem. Obwohl der Sommer nicht arm an Ereignis­sen war, haben wir, der Urlaubszeit sei’s gedankt, für unsere Verhältnisse recht viel theoreti­sche Diskussion und Debatte im Angebot: Ein neu gegründeter Arbeitskreis System Change, dem auch der in und um Frankfurt sesshafte Teil der express-Redaktion angehört, lädt mit ei­nem ersten Beitrag zu einer strategischen Sozialismus-Debatte (S. 10). Unabhängig davon er­reichte uns ein Beitrag Slave Cubelas, der die Sinnhaftigkeit genau solcher Debatten in Frage stellt (S. 3) – wir fanden es angemessen, diese beiden Beiträge im Kontext miteinander zu veröffentlichen. Auch bei den »Thesen für einen feministischen Streik« der gleichnamigen AG aus Kassel, die demnächst ausführlicher in dem Buch »Feministisch streiken« (Unrast-Verlag, Münster 2023) erscheinen werden, handelt es sich um solch einen strategisch-theoreti­schen Beitrag (S. 12).

Und dann, der express war schon fast durchgeplant, kamen sie glücklicherweise doch noch, die Beiträge aus der Arbeitswelt: Aus dem Kreise der Redaktion erreichten uns auf den letzten Drücker noch Beiträge zum Start der TVöD-Runde (S. 16), zur Beilegung des Tarifkonflikts bei der Bahn (S. 6) sowie zur Verschärfung des Streikrechts in Großbritannien (S. 14).

Vor allem aber gingen und gehen die Proteste der Trucker an der Raststätte Gräfenhausen in eine zweite Runde (S. 1) – wohl aufgrund der Sommerpause (dadurch ging uns 2022 schon der »wilde« Streik beim Bau des Fehmarnbelt-Tunnels durch die Lappen) erhielt er leider nicht die gleiche mediale Beachtung wie der Ausstand im Frühjahr.

Auch die Debatte zum Umgang der deutschen Linken mit dem Ukraine-Konflikt wird fortge­führt: Die Auseinandersetzung darum haben wir der Nachvollziehbarkeit halber auf unsere Homepage verlagert – was nicht heißt, dass wir nicht auch in der Druckausgabe weiter dar­über debattieren werden.

Zwei gute Nachrichten schlussendlich noch: Zum einen freuen wir uns, mit Jürgen Schardt ei­nen neuen hauptamtlichen Redakteur in unseren Reihen begrüßen zu dürfen! Euch, geneigten Leserinnen und Lesern, wird er auch als neuer Verwalter der Abonnements sicherlich bald im Gedächtnis sein. Und: Mit dem Buch »STREIK« unseres Autoren Heiner Dribbusch haben wir ab dieser Ausgabe dank der Kooperation des VSA-Verlags ein künftiges Standardwerk zum Thema als neue Abo-Prämie vorliegen!

Nach dem Sommerloch ist vor den Gewerkschaftskongressen. Aber das ist eine andere Ge­schichte und soll ein andermal erzählt werden. Bis dahin wünschen wir eine angenehme Lek­türe!

Bildnachweis

Passend zu den Streiks in der Filmindustrie Hollywoods – im Mai dieses Jahres haben die 11.000 Drehbuchautor:innen der Writers Guild of America (WGA) die Arbeit niedergelegt, im Juli schloss sich die Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA mit ihren 160.000 Mitgliedern an – führt unsere Bildstrecke diesmal nach Los Angeles. In den frühen 1970er Jahren träumt hier Seymor, der Protagonist der Geschichte, von der Inszenierung eigener Spielfilme. Sein Geld verdient er dagegen als Cutter von Trash-Movies. Anschaulich wird hier die Arbeitswelt der Traumfabrik geschildert, die von Hierarchien, Abhängigkeiten und Demütigungen geprägt ist und in der die individuelle Hoffnung auf den großen Erfolg wenig Raum für Solidarität lässt. Die #Metoo-Debatte lässt grüßen; gleichzeitig zeigt die Graphic Novel, dass diese nur an der Oberfläche gekratzt hat. Umso erfreulicher, dass solche festgefahrenen Muster durch die aktuellen Streiks gerade unterbrochen sind!

Wir danken dem Verlag für die Überlassung der Bilder!

Sammy Harkham: „Blood of the Virgin“. Reprodukt, Berlin 2023. ISBN 978-3-95640-336-1. 296 Seiten, 39 Euro.

express 7-8/2023 erschienen!

express 7-8/2023 erschienen!

Inhalt

Gewerkschaften Inland

Nuria Cafaro: »Die einzige Waffe ist der Streik?« – Ein Rückblick auf die »wilden« Streiks 1973 4

Ulrich Maaz: »Transformation, Fachkräftemangel, Digitales und mehr?« – Gewerkschaftsspiegel     10

Ver.di / GEW / DBSH: »Wo Soziale Arbeit drauf steht, muss auch Soziale Arbeit drin sein!« − Entprofessionalisierung als Antwort auf Personalnot     15

Betriebsspiegel

GK ZAUM: »Verkehrswende jetzt« − für Klimaschutz und gutes Leben. Diskussionsangebot des Gesprächskreises Zukunft Auto Umwelt Mobilität der RLS     1

Die Bahn kommt… aber nicht von allein: Zu Besuch in der Verkehrswendestadt Wolfsburg. Ein Gespräch mit Tobi Rosswog 2

Karen Spannenkrebs: »Zu wenig, zu viel, genug Gesundheitsfachkräfte?« − Über die internationale Anwerbung von Pflegekräften und Ärzt:innen 8

vdää*/CEBES: »Pflege neokolonial« − Positionspapier zur Anwerbung von brasilianischem Gesundheitspersonal in Deutschland     9

Marcus Schwarzbach: »Lobbyismus statt Streiken?« − Unternehmen treiben Digitalisierung voran, Diskussion über Tarifverträge zu KI fehlt     18

Politik & Debatte

Renate Hürtgen: »Das Schlimmste aber ist diese linke Überheblichkeit« − Replik auf Daniel Kreutz (SoZ 5/2023)     19

Internationales

Guido Caldiron: »Die Polizei, dein Feind und Mörder« − Die Pädagogik der Unterdrückung führt Frankreich in die Katastrophe. Gespräch mit Alain Bertho     11

Ingrid Artus: »Lila, laut und massenhaft« − Ein Bericht vom Schweizer Feministischen Streik in Zürich     12

Samuel Kammermeier, Peter Haumer: »Streikwelle in Ganztagsschulen Österreichs« − Der Kampf der Freizeitpädagog:innen sorgt für Aufsehen     14

Re-visited

»Alaaf statt brav« − Wiedergelesen: eine Analyse des express von 1974 zu den »wilden« Streiks bei Ford Köln     6

Kultur und Buch

Andreas Bachmann: »Weder Streikrepublik noch Streikwüste« − Heiner Dribbusch legt ein Buch zur Arbeitskampfentwicklung seit 2000 vor     16

Juliane Huber: »Archiv der Lebensschicksale« − Eröffnungsrede zur Ausstellung »Kofferkinder« (Bildstrecke)     20

Nachruf

Anne Allex, 1958 – 2023 19

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

bereits im Mai wollten wir anlässlich der Streikkonferenz das 50-jährige Jubiläum der »wil­den« »Gastarbeiter«-Streiks Revue passieren lassen. Das hat nun mit Nuria Cafaro die Mode­ratorin der dortigen AG zu just diesem Thema übernommen (S. 4). Ergänzt haben wir ihre Rückschau durch ein Zeitdokument: das Kapitel über Ford Köln im August 1973 aus dem 1974 vom damaligen express-Redaktionskollektiv herausgegebenen Buch »Spontane Streiks 1973« aus der »Reihe Betrieb und Gewerkschaften« (S. 6).

Aber das Thema historische »Gastarbeit« ist mit dem Thema »Streik« nicht abgedeckt – so wollte und will es höchstens die Kartoffel-Linke gerne haben. Deswegen freuen wir uns be­sonders, mit den Aquarellen von Fatma Biber-Born ein anderes, eher unterbelichtetes Thema dieser Geschichte fokussieren zu können: die Geschichte der daheim gebliebenen Familien­mitglieder, konkret der sogenannten »Kofferkinder«. Die ehemalige Rewe-Betriebsrätin Fat­ma Biber-Born ist in die Türkei gereist, hat mit den (heute 45 – 65-jährigen) Kindern gespro­chen und – angesichts der Qualität der Originale – die damaligen Kinderfotos abgemalt. Ne­benbei bemerkt ist auch die Frage der daheim gebliebenen Ehepartner:innen (in der Regel Ehefrauen) ein spannender Aspekt der Geschichte der Reproduktionsarbeit. Dazu aber viel­leicht ein anderes Mal, für dieses Mal haben wir einen ausführlichen Bericht des Schweizer feministischen Streiks von Ingrid Artus vorliegen (S. 12).

Migration und Reproduktionsarbeit liegen nah beieinander, ach was, überlappen sich – 1973 wie heute. Karen Spannenkrebs setzt in der aktuellen Ausgabe die Beschäftigung mit heutigen »Anwerbeabkommen« in der Pflege fort (S. 8), ergänzt durch ein Positionspapier unserer Freund:innen vom Verein demokratischer Ärzt*innen (vdää) zur Anwerbung brasilianischer Gesundheitsarbeiter:innen (S. 9).

Gemeinsam mit einem Statement der zuständigen Gewerkschaften zu den Zuständen in der Sozialen Arbeit (S. 15) und einem Bericht von den Streiks der österreichischen Freizeitpäd­agog:innen (S. 14) ist die Sommerausgabe damit recht »care-workig« geworden – auch Mar­cus Schwarzbachs Beitrag zur KI (die an dieser Ausgabe des express erneut nicht beteiligt war!) berührt das Verhältnis reproduktiver und produktiver Arbeit (S. 18).

»Das alles und noch viiiiel meeeah…« passt mal wieder nicht auf die üblichen 16 Seiten des express. Diesmal haben wir aber ganz regulär 20 Seiten produziert, denn ihr haltet die Som­mer-Doppelausgabe in der Hand. Dass der express nicht dicker aussieht als sonst, liegt daran, dass wir von Februar bis Juni immer zu viel produziert haben. Soll heißen: wir lesen uns erst im September wieder. Solange verbleiben wir als Eure Redaktion »zwischen den (Sonnen-)Stühlen«, jedoch nicht, ohne zu guter Letzt noch mal auf den beiliegenden Spendenaufruf hinzuweisen (spät, aber kommt!) und coole Urlaubslektüre für hitzige Debatten in klimatisierten Zeiten zu wünschen.

Bildnachweis

Die Ausstellung »Kofferkind« von Fatma Biber-Born beschäftigt sich künstlerisch mit dem Schicksal zurückgelassener Kinder, deren Eltern als Gastarbeiter:innen in den 1960er und 1970er Jahren nach Deutschland kamen. Die Kinder blieben oft bei Großeltern, Tanten, Onkeln oder Nachbar:innen im Heimatland zurück. Sie wuchsen ohne Eltern auf. Ein Schicksal, das schätzungsweise 700.000 Kinder türkischer Gastarbeiter:innen teilen.

Dazu hat Fatma Biber-Born einige der damaligen »Kofferkinder« getroffen, mit ihnen über das Erlebte gesprochen und Bilder aus ihrer Kindheit gesammelt. Inspiriert von diesen Bildern, hat sie die Schicksale der Kinder malerisch in Aquarell und Tusche festgehalten. Kurze Eindrücke und Zitate aus den Interviews, die Fatma Biber-Born mit den heute 45 bis 60jährigen geführt hat, präsentiert sie hinter Transparentpapier. Die Eröffnungsrede zu der Mannheimer Ausstellung, die mit Erscheinen dieser Ausgabe nur noch wenige Tage im CommunityARTCenter in Mannheim zu sehen ist, haben wir auf S. 20 dokumentiert.

Wir danken der Künstlerin sowie allen Beteiligten für die freundliche Zurverfügungstellung der Bilder!