express 12/2021 erschienen!

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Inhaltsverzeichnis

Gewerkschaften Inland

Ulrich Maaz: »Nicht genug – aber viel mehr als nichts« – Kurze Einschätzung zum Tarifergebnis im öffentlichen Dienst der Länder       3

Reiner Heyse: »Weitere Sargnägel für die gesetzliche umlagefinanzierte Rente« – zu Abgründen geplanter Rentenpolitiken                      6

Torsten Bewernitz: »Klasse Klima« – Anregungen zu zarten Pflänzchen der Klassenpolitik          9

Gaston Kirsche: »Ursachenforschung: Pustekuchen« – Über die Ausstellung „Konflikte“ im Hamburger Museum der Arbeit                                                   15

Betriebsspiegel

»Am konkreten Körper« – Interview mit TIE zu Analysetechniken von Arbeitsbedingungen        1

Hannes Strobel: »Diverse Kerngruppen statt Organic Leaders als Schlüssel zum Erfolg?« – Erfahrungen aus dem Organizing von Deutsche-Wohnen-Mieter:innen in Berlin               11

»Klassenfragen« – Podcast Hinweise zu Klassenlage und Klassenkampf             5

Politik & Debatte

Andreas Bachmann: »Moderater Sozialliberalismus unter wirtschaftsliberaler Haushaltsdisziplin« – Anmerkungen zur neuen Ampelregierung           4

»Seniorenaufstand« – ein Aufruf zum Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik    8

Karin Zennig: »Jetzt reden wir!« – über den hessischen Untersuchungsausschuss zu Hanau                  16

Internationales

Peter Korig: »Früchte des Zorn« – über gewerkschaftliche Kämpfe in Albanien, an der Peripherie von EU und Weltmarkt       14

Rezensionen

Torsten Bewernitz: »Wie hast du’s mit der Organisation?« – zu Alexander Neupert-Doppler Buch über Geschichte und Modelle der Organisierung         12

Stefan Schoppengerd: »It’s Showtime!« – über Jane McAleveys „Macht. Gemeinsame Sache“ 13

Jonas Berhe: »Wessen Wut – Wessen Aktion?« – Zur neuesten Publikation von Slave Cubela   13

Nachruf

Wir trauern um Bodo Zeuner – ein Nachruf                         3

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

es ist kalt draußen. Und drinnen. Genug – mehr als Wetterbanalitäten finden sich in einigen Beiträgen dieser Ausgabe, die sich gesellschaftlichen Klimakrisen, ihren Folgen und ihrer Bewältigung widmen (S. 1, 9f.). Doch weil offenbar gar nicht mehr unterscheidbar scheint, was hier eigentlich Natur und Kultur, Körper oder Konstrukt ist und wer hier eigentlich verrückt geworden ist (s. dazu auch unsere Bildstrecke), erfreut man sich wohl recht gern am verlässlichen Glanze grüner Tannenbaumspitzen, unter denen all die roten Kugeln und goldenen Lichtlein blitzen.

Grün ist ja bekanntlich die Farbe der Hoffnung, und diese stirbt zuletzt. Frohlocken können wir bislang, weil sich noch keine weiteren Auslandseinsätze oder Rückführungsoffensiven andeuten. Vielleicht entziehen sie sich aber auch im allgemeinen Jingle Bells von Fortschritt, Vernunft und Modernität nur unserer Wahrnehmung. Einen Blick auf die Verheißungen der neuen Ampel-Koalition wirf Andreas Bachmann in dieser Ausgabe (S. 4f.).

Jenseits des Weltschmerzes hält uns in der Redaktion aber auch der Jahresendzeitstress in Atem. Auch wenn wir uns bemühen, nicht selbst in Katastrophismus zu verfallen, haben uns Personalfragen, hitzige Debatten mit Autor:innen, unerwartete Effekte vergangener Beiträge und – leider auch – Todesfälle teilweise ganz schön aus der Bahn unserer Redaktionsroutine geworfen (siehe den Nachruf auf unseren langjährigen Wegbegleiter Bodo Zeuner).

Unterm Weihnachtsbaum wird die Stimme des kritischen Geistes deswegen nur mit 16 Seiten und drei Beilagen zu liegen kommen. Wem dieser Lesestoff nicht reicht, der/dem sei unser Rezensionsteil wärmstens empfohlen: Gleich drei Bücher zum Thema Organisierung/Organizing werden in der aktuellen Ausgabe diskutiert (S. 12f.). Um dieses kleine Special zu vervollständigen, thematisiert Hannes Strobel die Organizing-Strategie der Kampagne Deutsche Wohnen & Co Enteignen! (S. 11) und TIE stellt sein Modell des Gesundheitsmappings vor (S. 1f.). 16 Seiten sind wohl auch genug angesichts des vorweihnachtlich-spät ausgelieferten express 11/2021. Der soll mancherorts immer noch nicht angekommen sein. Bitte meldet Euch, wenn das auf Euch zutrifft, wir senden gerne und selbstverständlich ein Exemplar nach!

Apropos „vergangene Beiträge“. Jörn Boewe machte uns darauf aufmerksam, dass wir ziemlich danebengelegen haben, als wir in Auseinandersetzung mit dem Streik der GDL vermutet hatten: „Vor zehn Jahren hätten viele ein Gesetz wie das Tarifeinheitsgesetz für nicht möglich gehalten.“ (express 9/2021, S. 7). Tatsächlich haben der damalige DGB-Vorsitzende Michael Sommer und der BDA-Präsident Dieter Hundt vor elf Jahren, nämlich im Juni 2010, öffentlich gemeinsam ein solches Gesetz gefordert – fünf Jahre, bevor diese Pläne dann vom Gesetzgeber umgesetzt wurden. Asche auf unser Haupt – vielleicht ist das nach 59 Jahren express Alterssenilität?

Was das Alter sonst noch für Schwierigkeiten – vor allem in Bezug auf die monetäre Versorgungslage – mit sich bringt, führt Reiner Heyse vom „Seniorenaufstand“ in seiner Betrachtung der aktuellen Rentenlage aus (S. 6ff.). Alter kann aber auch ein Grund zum Feiern sein: Herzliche Glückwünsche senden wir deswegen an dieser Stelle an unsere Schwesterzeitschrift im Herzen, die ak, die nach erfolgreicher Geschlechtsumwandlung 1992 (von dem Arbeiterkampf zu der analyse und kritik) in diesem Monat ihr 50-jähriges Jubiläum begeht. Rabimmelrabammel und möge es für Euch und uns nicht das „last christmas“ sein!

Sollten sich, geneigte Leserinnen und Leser, in euren Reihen vielleicht einige Weihnachtsmänner oder -frauen befinden, verweisen wir daher letztmals in diesem Jahr auf unseren beiliegenden Spendenaufruf. Statt Krawatte, Socke und Zwangsjacke ein paar Scheine unter dem Baum – und wir sehen uns wieder!

In diesem Sinne: Wir wünschen einen besinnlichen Jahresabschluss und erbauliche Lektüre – bleibt schön negativ!

Bildnachweise

Alle Bilder dieser Ausgabe sind der Graphic Novel „Ich, der Verrückte“ entnommen, die im Frühsommer dieses Jahres bei avant erschienen ist. Der Text stammt von Antonio Altarriba, baskischer Literaturprofessor und Schriftsteller, dessen preisgekrönte ‚biographische Universalgeschichte‘ „Die Kunst zu fliegen“ (2012) über das Spanien des 19. Jh. wir ebenfalls hier im express vorgestellt hatten. Mit Keko als neuem Zeichner an seiner Seite widmet er sich abermals der Frage von Wahrheit und Bewusstsein – nun in deutlich schrofferen Illustrationen und anhand eines Themas, das Stoff für Verschwörungstheorien liefert, ob an den Stammtischen von Schulmedizin-Skeptikern, Hyaloron-Abhängigen, System-Somatikern oder anthroposophischen Wissenschaftsagnostikern.

Ángel Molinos, Doktor für Psychologie und gescheiterter Schriftsteller, arbeitet in einer Klinik für psychische Störungen, die mit einem internationalen Pharmaunternehmen kooperiert. Seine Arbeit besteht aus der Identifizierung verhaltensbezogener Auffälligkeiten bzw. Trends und der Kreation neuer, pathologisierbarer psychologischer Kategorien, aus denen medikamentös behandelbare neue Krankheitsbilder entstehen sollen. Er hat Alpträume und flüchtet sich in die Erforschung der Psyche anderer – auch um seine eigene schmerzliche Vergangenheit aufzuarbeiten. Als er nach vielen Zweifeln beschließt, die Praktiken der Pharmaindustrie aufzudecken, wird er in eine kunstvolle Konstruktion aus Intrigen hineingezogen. Wird der Erfinder des falschen Wahnsinns am Ende selbst verrückt?

Verpackt in einen spannenden Thriller, in dem mit den Grenzen von Traum und Wirklichkeit ‚gespielt‘ wird, setzt sich die Graphic Novel kritisch mit der gesellschaftlichen Schaffung von Bedürfnissen und dem ökonomischen Nutzen von Krankheiten, mit der zunehmenden Individualisierung von Seelenheil und Körper-Bezogenheit auseinander. Prädikat: beklemmende Zeichnungen, sehr lesenswert, tolles Weihnachtsgeschenk.

Wir danken dem avant-Verlag sehr für die gute, langjährige Zusammenarbeit und die Überlassung der Bilder – und wir gratulieren herzlich zu den zahlreichen Preisen für Eure Bücher!

Antonio Altarriba (Text), Keko (Zeichnungen): Ich, der Verrückte. Avant-Verlag, Berlin 2021. ISBN 978-3-96445-011-1. 136 Seiten, 25 Euro.

Der express 11/2021 ist erschienen!

Der express 11/2021 ist erschienen!

Druckausgabe express 11/2021

Inhalt:

Gewerkschaften Inland

Ulrich Maaz: »Gestaltungsstarke Gewerkschaft in der Transformation?« – Anmerkungen zum Gewerkschaftskongress der IG BCE 4

»Das zarte Pflänzchen ökologischer Klassenpolitik« – Interview mit zwei Aktiven der Kampagne TV N 6

»Eine Wette auf die Zukunft« – Interview mit Massimo Perinelli zur Geschichte der deutschen Einwanderungsgesellschaft und migrantischer Arbeitskämpfe 11

Betriebsspiegel

Clemens Melzer: »Digitales Organizing im Familienbetrieb« – WIKUS-Arbeiter:innen fordern eine Kleinstadt-Dynastie heraus und feiern Betriebsratserfolg 1

Heiner Dribbusch: »Der ausbleibende Aufstand« – Analysen zur die Streikbereitschaft bei Amazon 10

Politik & Debatte

Thomas Handrich: »Die Mauer muss weg!« – Augenzeugenbericht aus dem Grenzgebiet Polen-Belarus 2

Torsten Bewernitz: »Das Museum als demokratische Intervention« – Die Landesausstellung ›Arbeit & Migration‹ im Mannheimer TECHNOSEUM 20

Bewegung mit Recht

René Kluge: »Wenn das nicht politisch ist…« – Aufgaben und Handlungsspielräume von Wahlvorständen bei der Betriebsratswahl 5

Internationales

Sergio Bologna: »Die Besonderheit der heutigen Krise« – Über den aktuellen Zustand der Logistikbranche 8

Mohammad Ali Kadivar, Peyman Jafari, Mehdi Hoseini und Saber Khani: »Ein kommender Aufstand?« – Zur gewerkschaftlichen Organisierung iranischer Ölarbeiter 14

Doug Henwood: »Der große Streik 2021?« – Hintergründe der Arbeitsverweigerung in den USA 16

Rezensionen

Klaus Dallmer: »Zieh schneller, Uncle Sam« – Amerikanische Kriegspropaganda als Roman 17

Peter Nowak: »Widerständigkeiten im Neoliberalismus« – Auf der Spur rekomponierter ›Arbeiter-Literatur‹ 18

Eva-Maria Bruchhaus: »Erinnern, erfahren, ernst nehmen« – Zur ›Kollektiven Erinnerungsarbeit‹ 18

Nachruf

Anton Kobel: »Ein großer Verlust« – Nachruf auf Achim Neumann 19

Kurzgefasst

Antipasti 17

Vermischte 19

Editorial

Geneigte Leserinnen und Leser,

langsam geht das Jahr zu Ende. Es ist Herbst und Corona. Das muss nicht zwangsläufig zu Depression oder nach außen gekehrtem Irrsinn führen. Ein pandemischer November führt offenbar auch dazu, dass unsere aktiven Leser:innen, ergo Autor:innen, deutlich mehr lesen und damit auch deutlich mehr rezensieren – und davon haben auch sog. Passiv-Leser:innen etwas. Es gibt Schlimmeres …

Die Jahresendzeittemperaturen motivieren daneben aber offenbar auch zum Museumsbesuch: Torsten Bewernitz hat mal eines der wenigen Privilegien als Zeitungsredakteur in Anspruch ge- und an der Pressekonferenz zur Eröffnung der Mannheimer Ausstellung »Arbeit & Migration« teilgenommen (S. 20) – aus Letzterer stammt auch unsere Bildstrecke in diesem Monat. Im Dezember legen wir dann mit einem Beitrag von Gaston Kirsche nach, der sich im Hamburger Museum der Arbeit »Konflikte« angeschaut hat – ob und wie man diese ›sehen‹ kann, ist in vielerlei Hinsicht umstritten. Doch seht, lest und vergleicht selbst, wenn das gute Stück unter’m brennenden Baum liegen wird.

Wir erwarten allerdings nicht, dass es angesichts der gut gekühlten Witterung zu Anfällen vorweihnachtlicher Besinnlich- und Barmherzigkeit und einem politischen Wärmestrom kommen wird. Einer der wichtigsten Beiträge der aktuellen Ausgabe ist Thomas Handrichs Augenzeugenbericht von der polnisch-belarussischen Grenze (S. 2f.). Selbst wenn mittlerweile mehr über diese ›Games with Frontiers‹ berichtet wird: Die Forderungen bleiben, die Mauern müssen weg – auch in den Köpfen der Ampelist@s, die sich mit den Innen-Seehofers und Außen-Maas dieses Landes einig sind: Das Wichtigste ist die Befestigung der Außengrenzen – den einen der Christbaum, den anderen der Eiswald.

Und wo wir schon bei Kälte sind, darf der Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU und eine Reflektion zu 60 Jahren deutsch-türkischem Anwerbeabkommen nicht fehlen – dazu ein ausführliches Gespräch von Karin Zennig mit Massimo Perinelli (S. 11). Lang, aber nicht langweilig ist auch das Interview mit Autor:innen des Kollektivs climate.labour.turn zur Zusammenarbeit von Klimabewegung und Gewerkschaften im Öffentlichen Personennahverkehr (S. 6) – Bewegungswärme für Klimaveränderung mit Richtungsänderung – oder die vielen kleinen und größeren Aufstände gegen frustrierend froststarrende Verhältnisse (S. 1, 14, 16, 17).

Achtung, kleiner Sprung: Was fehlt in dieser Ausgabe? »Wir sind immer mehr Frauen«, wie ein verehrter Autokoordinationskollege mal formuliert hat. Und hier der unelegante Übergang: Auch wenn wir unsere geneigten Leser:innen durchaus für jünger, weiblicher und queerer halten als die manch anderer Zeitung, hinter der kluge Köpfe stecken: Alt werden wir als Zeitung trotzdem. Kommendes Jahr sogar 60 Jahre alt. In Worten: SECHZIG Jahre Kritik, Widerspenstigkeit und frische Luft im Kopf. Wir wollen (uns und andere) zu diesem Anlass fragen:

Haben wir nicht immer schon Organizing gemacht? War nicht der Arbeitsfeldansatz des Sozialistischen Büros und der Erfahrungsansatz schon ein Organizing-Ansatz? Und, gemeinsam übrigens, was uns besonders freut, mit unseren Schwesterredaktionen der Widersprüche und des links-netz fragen wir uns im kommenden 60. Jahr, wie sich gewerkschaftliches Organizing, (transformatives) Community Organizing und Gemeinwesenarbeit befruchten oder befehden und wie sie sich von den wohldosierten Partizipationsprisen in gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Mobilisierungsmechaniken unterscheiden.

Solltet ihr unsere Eindrücke schnell noch korrigieren wollen, dann schreibt uns: Was erwartet ihr von einer 60-jährigen Schildkröte? Erfahrung oder Erneuerung? Beharrlichkeit oder Beweglichkeit? Schleppen oder Schleusen? Fluchthilfe oder Vorort-Fortschritt …?

Nichts davon oder alles? In diesem Sinne: Macht das Beste draus, auch im zweiten Corona-November.

Bildnachweise

Die Bilder in der vorliegenden Ausgabe entstammen der frisch eröffneten Ausstellung ›Arbeit & Migration‹ im Mannheimer Landesmuseum für Technik und Arbeit (TECHNOSEUM). Eine ausführliche Darstellung – mit entsprechender Besuchsempfehlung – findet sich in dieser Ausgabe auf Seite 20. Wir danken dem Museum und insbesondere die Kuratorinnen Anne Mahn und Bahdja Maria Fix, Pressesprecherin Marit Teerling, Fotograf Klaus Luginsland sowie den Kolleg:innen aus der IT-Abteilung, die sich um die Übermittlung gekümmert haben!