Inhalt
Gewerkschaften Inland
Timo Daum und Theresa Pfaff: »Die IG Metall muss mehr wollen« – Zum Transformationsverständnis der IG Metall 3
Wolfgang Schaumberg: »Kadaverkehrswende« – Kommentar zu »Die IG Metall muss mehr wollen« 3
Heiner Dribbusch: »Silberstreifen am Horizont?« – Mitgliederentwicklung der Gewerkschaften 2023 4
Ulrich Maaz: Gewerkschaftsspiegel aktuell 5
Anton Kobel: »Anfang und (kein?) Ende in Sicht!« – Tarifrunde Einzelhandel seit fast einem Jahr 6
Sybille Güniker: »Sagt mal, geht’s noch?« – Redebeitrag der IGM-Jugend Frankfurt gegen Rechts 12
Betriebsspiegel
Gregor Kritidis: »Arg muss sich der Bauer quälen« – Agrarkrise, Höfesterben und Bauernproteste 8
Anton Kobel: »Die Kaufhäuser denen, die sie brauchen!« – Wie weiter mit Galeria Kaufhof Karstadt? 11
Bewegung mit Recht
René Kluge: »Soll der Betriebsrat beim Klimaschutz mitbestimmen?« 10
Politik und Debatte
Eike Sanders: »Umdeuten, auslöschen, disziplinieren« – Antifeminismus im Mainstream und in der (extremen) Rechten 1
Lia Becker, Atlanta Ina Beyer und Katharina Pühl: »Zeit, zurückzubeißen« – Plädoyer für intersektionale, queere Klassenperspektiven 7
Internationales
Cedric Büchling: »Eine (nicht) besetzte Fabrik« – Zu Besuch bei ex:GKN in Florenz 13
Renate Hürtgen: »Wo steht die gewerkschaftliche Linke nach zwei Jahren Krieg in der Ukraine?« – Wie gut sind wir auf die kommenden imperialen Kriege vorbereitet? 14
Nachrufe
Rainer Erd, Wolf Gunter Brügmann-Friedeborn, Walther Müller-Jentsch, Richard Ullmer: Erinnerungen an Otto Jacobi (1938 – 2024) 16
Kurzwaren
Info aus der Verwaltung 2
Vermischte 9, 18
Editorial
Geneigte Leserinnen und Leser,
traditionell ist die Februar-Ausgabe des express geprägt von feministischen und queeren Positionierungen und Beiträgen. Mit der Tradition ist das so eine Sache: Man könnte sie für reine Makulatur halten, denn wir machen das natürlich, weil die Februar-Ausgabe die am 8. März aktuelle ist. Und uns ist sehr bewusst, dass eine Betonung des Feminismus am oder zum 8. März nur ein welkes Feigenblättchen wäre.
Deswegen ist es vielleicht auch nicht weiter schlimm, dass wir heuer mit dieser Tradition brechen. Denn diese Ausgabe des express steht im Zeichen alter, weißer Männer. Namentlich zwei von ihnen: Otto Jacobi (S. 16–18) und Oskar Negt (S. 19, 20). Jörg Reitzig zeigt, wie lebendig die Arbeit mit Oskar Negts Überlegungen heute noch ist und weiter sein kann. (S. 19) Zu unserem ehemaligen Redakteur Otto Jacobi erreichten uns persönliche Erinnerungen, die wir euch, geneigte Leserinnen und Leser, auch deswegen ans Herz legen, weil sie ein Blick in die Geschichte dieser Zeitung und ihrer/unserer Anliegen sind – letztlich dann doch ein Anschluss an Tradition …
Ergänzend empfehlen wir aus diesem Anlass den Bericht von Otto Jacobi auf unserem Youtube-Kanal. Für beide Persönlichkeiten ist das letzte Wort im express noch nicht gedruckt – wir werden uns in der nächsten Ausgabe weiter mit dem Erbe auseinandersetzen.
Selbstverständlich fällt der 8. März nicht ganz unter den Tisch: Eine erfrischende Perspektive zeigen uns die Herausgeber:innen des demnächst erscheinenden Sammelbandes »Bite back. Queere Prekarität, Klasse und unteilbare Solidarität« (Edition Assemblage, Münster 2024), dessen Vorwort wir vorab in Auszügen abdrucken (S. 7). Und Eike Sanders lenkt unseren Blick auf die Zusammenhänge der Neuen Rechten und des Antifeminismus (S. 1).
Dies ist die letzte Ausgabe des express, die vom Berliner Zeitungsdruck gedruckt wird. Das Traditionshaus schließt seine Pforten zu Mitte März, die nächste Ausgabe werden wir bereits bei Union Druck drucken lassen. Wenn es etwas holprig wird im Übergang, bitten wir also schon mal vorab um Entschuldigung. Damit aber auch zurück zu zumindest etwas älteren Männern: Wir bedanken uns beim ganzen Team des Berliner Zeitungsdruck (das sind natürlich nicht nur Männer) für die langjährige sehr gute Zusammenarbeit, insbesondere aber bei unserem Ansprechpartner Ulrich Ebersbach, der trotz regelmäßiger Lektüre einer Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Tag und Nacht und Wochenende ansprechbar war (und auch mal anrief): Ihm, geneigte Leserinnen und Leser, habt ihr es zu verdanken, wenn ihr außer der Reihe aufgrund einer spontanen Idee der Redaktion mal wieder 20 statt 16 Seiten lesen oder eine Farbseite mehr als geplant genießen konntet.
So auch dieses, ein letztes Mal. Erneut haben wir angesichts der Textmenge außerplanmäßig 20 Seiten produziert. Mit diesen wünschen wir nun eine anregende Lektüre. Und, ob alte weiße Männer oder nicht: Feminism is for everyone.
Bildnachweis
»Am Anfang sagte ich, ich erinnere mich an nichts.« So beginnen die Aufzeichnungen der Geschichte von Emmy Arbel, die die Zeichnerin und Autorin Barbara Yelin in der Graphic Novel »Die Farbe der Erinnerung« (2023) über drei Jahre in Gesprächen gemeinsam mit der ehemaligen KZ-Insassin erarbeitet, (wieder) hervorgebracht und der sie zeichnerisch zum Ausdruck verholfen hat. Der Umgang mit Farbe und Chronologie sind eine Reflexion auf die Mühen, Abgründe, Aufbrüche in diesem Erinnerungsprozess, in dem sich Forschung, Beziehungs- und Traumaarbeit so verbinden, dass aus der gemeinsamen Verarbeitung des Gewesenen eine andere Gegenwart entsteht. Für alle Beteiligten. Und so gelingt es, nicht nur deutlich zu machen, dass der Gedanke, der »Holocaust habe mit dem Kriegsende 1945 sein Ende gefunden« (Nachwort der Herausgeber:innen) sich in der ganzen Willkür dieser bemühten Zäsur zeigt. Es gelingt auch, die befreienden Momente überhaupt erst entstehen zu lassen – bis hin zur Entscheidung Emmys zu sprechen: »Wir haben nicht überlebt, um Opfer zu bleiben«. Nicht zuletzt damit wird aber auch deutlich, dass die Menschen Subjekte ihrer Geschichte sind – so oder so.
Wir gratulieren dem Reprodukt-Verlag zu diesem wunderbaren Buch – und danken herzlich für die Überlassung der Illustrationen, die hoffentlich viele von Euch einladen, ›die ganze Geschichte‹ zu lesen.
Barbara Yelin, Emmie Arbel: „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“, Reprodukt 2023, 192 Seiten, farbig, 19 × 25 cm, Hardcover, 29 Euro, ISBN 978-3-95640-396-5